Auf FPÖ-Ticket ins Höchstgericht: Uni-Professor Andreas Hauer.

Foto: Johannes-Kepler-Universität Linz

Wien – Die Koalitionsparteien ließen sich von der vielen Kritik nicht beirren: Wie erwartet nominierten ÖVP und FPÖ Andreas Hauer als neuen Kandidaten für den Verfassungsgerichtshof. Bei der Sitzung des Nationalrats am Donnerstag hat die türkis-blaue Mehrheit die Personalie formal beschlossen.

Hauer hat wegen früherer Aussagen Proteste ausgelöst. Der in der FPÖ gut vernetzte Linzer Universitätsprofessor hatte dem Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte die Mitverantwortung für eine "multikriminelle Gesellschaft" gegeben, außerdem ist er Mitglied einer schlagenden Verbindung, des Corps Alemannia Wien zu Linz.

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Für Ärger der Opposition sorgte überdies, dass sich die Koalitionsparteien auf Vorschlag der FPÖ de facto bereits auf Hauer festgelegt hatten, ehe das vorgesehene Hearing verschiedener Kandidaten im Parlament stattfand. Ebenso auf einem blauen Ticket wird der Rechtsanwalt Michael Rami in den Verfassungsgerichtshof einziehen, dieser Beschluss obliegt dem Bundesrat.

Opposition läuft Sturm

Die Opposition hat in der Nationalratsdebatte am Donnerstag ihre Kritik untermauert. Der geschäftsführende SP-Klubobmann Andreas Schieder erklärte, Hauer sei beim Hearing der rund 40 Kandidaten nicht im Spitzenfeld derer gewesen, "die fachlich überzeugt haben". Kritik übte er etwa daran, dass Hauer als Redner beim FPÖ-Akademikerball in der Wiener Hofburg aufgetreten ist. Thematisiert wurde von Schieder auch Hauers Kritik am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte: Man müsse sich die Frage stellen, ob man in Zukunft einen Richter am Höchstgericht will, "der ein anderes Höchstgericht derart hinuntermacht und erniedrigt", so Schieder, der sich auch an Hauers Mitgliedschaft in der Alemannia Wien stößt. Anstelle Hauers schlug Schieder vor, für die Rechtsanwältin und ÖRAK-Vizepräsidentin Marcella Prunbauer-Glaser zu stimmen.

Auch Neos-Abgeordneter Nikolaus Scherak rief zur Wahl eines Alternativkandidaten auf, nämlich OGH-Richter Gottfried Musger, auch er kritisierte einmal mehr die Aussagen Hauers. Darüber hinaus warf er ÖVP und FPÖ vor, das Hearing nicht ernst genommen zu haben.

Alfred Noll von der Liste Pilz knüpfte an dieser Kritik an. Man entwürdige damit die Kandidaten "und setzt auch die Institution herab, für die sich diese Kandidaten bewerben – und überdies dieses Haus." Das Prozedere des Hearings bezeichnete Noll wegen dessen Kürze als "Farce". Hauer selbst hält auch er für ungeeignet – und zwar, weil sich im Gesamtbild gezeigt habe, dass Hauer kein Mann sei, "dem der Schutz von Grund- und Menschenrechten ein grundsätzliches Anliegen ist".

Noch vor der ersten Wortmeldung der Opposition rückte VP-Abgeordneter Wolfgang Gerstl zur Verteidigung aus: Er habe sich die Mühe gemacht, nachzuforschen, ob es an Hauer "irgendeine Kritik in den vergangenen zwei Jahrzehnten" gegeben habe, sagte Gerstl. Er habe sich nicht nur bei der Kollegenschaft des Universitätsprofessors, sondern auch bei der Hochschülerschaft erkundigt: "Bis zum Zeitpunkt der Bestellung gab es keine einzige Kritik an Professor Hauer."

Zu Hauers Aussagen über den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte sagte Gerstl, Hauer habe lediglich festgestellt, dass es im Bereich der Fremdenpolizei ein Missverhältnis gebe zwischen dem Schutz derer, die Aufenthalt suchen, und jener, die bereits in Österreich sind – und "die Sorge haben vor kriminellen Handlungen". Auch habe Hauer selbst seine Worte als "überspitzte Formulierung" bezeichnet, betonte Gerstl. Er glaube, dass auch einem Universitätsprofessor das Recht auf freie Meinungsäußerung zustehe.

Auch FPÖ-Abgeordneter Harald Stefan wies die Kritik zurück. Hauer habe in Wahrheit aus Sicht der Opposition "nur einen Makel: Er wurde von uns, der FPÖ, vorgeschlagen". Es sei "ganz normal", dass Universitätsprofessoren die Urteile von Höchstgerichten kritisieren. "Diese Kritik muss zulässig sein, abgesehen davon, dass ich sie inhaltlich sogar unterstütze."

Bundespräsident hat keine Einwände

Bundespräsident Alexander Van der Bellen hingegen wird die Bestellung des umstrittenen Verwaltungsrechtlers Andreas Hauer zum Verfassungsrichter akzeptieren. Das Staatsoberhaupt betonte, dass er die vor Jahren in einem Vortrag geäußerte Kritik Hauers am Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) nicht teile. "Das betrifft insbesondere die polemische Wortwahl", so Van der Bellen. Allerdings sei Kritik an einem Höchstgericht für einen Rechtsprofessor zulässig: "Ich gehe davon aus, dass Professor Hauer zukünftig als Verfassungsrichter sein Amt verantwortungsvoll wahrnehmen wird." (red., APA, 1.3.2018)