Wien/Graz – Bioplastik gilt als umweltfreundlich, weil biologisch abbaubar. Das stimmt auch, vorausgesetzt es gibt Sauerstoff. In Biogasanlagen allerdings, wo Sauerstoff fehlt, wird dieses Material kaum abgebaut. Weil es zunehmend in solchen Anlagen landet, haben Wissenschafter des Austrian Centre of Industrial Biotechnology (acib) nach Enzymen geforscht, die Biokunststoff auch ohne Sauerstoff auflösen. Nun wurde eine jahrelange Suche mit einem Erfolg gekrönt.

Zunehmend landen auch vermeintlich abbaubare Bioplastiksackerln, Essensverpackungen oder Mulchfolien in der Biotonne. Kommt genügend Sauerstoff dazu, zerlegt sich dieses Material auch wie erwartet. Doch in den über 200 österreichischen Biogasanlagen, wo aus landwirtschaftlichen Reststoffen und organischen Abfällen Biogas erzeugt wird, gibt es keinen Sauerstoff. "Unter diesen anaeroben Bedingungen können aus bestimmten Polymerarten gefertigte Sackerl nur langsam abgebaut werden. Sie setzen den Biomüll nicht frei und stören den Prozess erheblich", erklärte Doris Ribitsch vom acib.

Bei Clostridium botulinum fündig geworden

Gemeinsam mit Kollegen einer Arbeitsgruppe am Standort Tulln hat die Wissenschafterin zunächst in Datenbanken nach Enzymen gesucht, die Polymere zerlegen können und unter anaeroben Bedingungen arbeiten. Sie schränkte dabei die Suche einerseits auf extrazelluläre Enzyme ein ("das Plastik kommt ja nicht in die Zelle hinein"), andererseits auf Mikroorganismen, die in Biogasanlagen schon vorkommen. Das Bakterium Clostridium botulinum entpuppte sich nach mehrjähriger Suche als Joker.

"Wir haben uns die von diesem Bakterium produzierten Enzyme genauer angeschaut, sie in größerem Maßstab hergestellt und Versuche damit gemacht", sagte Ribitsch. Vor allem ein von den Forschern isoliertes Enzym erwies sich dabei als besonders geeignet für den Abbau von Polyester, speziell das biologisch abbaubare PBAT. In Kooperation mit der ETH Zürich stellten die Wissenschafter eine optimierte Enzymvariante her, die dann in Biogasanlagen getestet wurde. Die Versuche waren vielversprechend, die Enzyme kurbelten auch unter anaeroben Bedingungen den Zersetzungsvorgang an. "Nach einem solchen Enzym hatte man schon jahrelang gesucht."

Vollständige Auflösung

"Das Enzym schneidet wie eine Schere die langen Polymerketten in immer kürzere Bausteine, bis nur noch die kleinsten molekularen Bestandteile übrig sind, die dann von Mikroorganismen zerlegt werden können", so Ribitsch. Am Ende des Prozesses ist das Bioplastiksackerl vollständig aufgelöst und wird zusammen mit dem Biomüll in Biogas umgewandelt. Auch das bekannteste Polyester, das etwa für Plastikflaschen verwendete PET, wird von dem Enzym zerlegt, "allerdings ist da die Aktivität geringer als bei PBAT", sagte die Forscherin des acib, das zwei Patente angemeldet hat. (APA, 1.3.2018)