"Österreich" am Sonntag

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Wien – Die kritische Wiener SPÖ-Sektion Acht berichtet, nach dem Handelsgericht Wien habe nun auch das Oberlandesgericht Wien eine Klage der Mediengruppe Österreich auf Unterlassung und Widerruf abgewiesen. Der Anwalt der Mediengruppe Österreich, Peter Zöchbauer, erklärt auf STANDARD-Mailanfrage am Sonntag: "Im Verfahren gegen die Sektion Acht liegt noch nicht einmal ein Urteil erster Instanz vor." DER STANDARD ersuchte Zöchbauer um Erläuterung.

Die Sektion Acht stellte die Entscheidung des Oberlandesgerichts, datiert mit 24. November 2017, am Sonntagnachmittag auf ihrem Blog online (PDF-Link). Laut Michael Pilz, Anwalt der Sektion Acht, wurde die Rechtskräftigkeit des Urteils vom Handelsgericht am 22. Jänner 2018 bestätigt.

Zwei Verfahren

* Update: Laut einem Sprecher des Oberlandesgerichts Wien gibt es vor dem Handelsgericht Wien zwei Verfahren, in denen die Mediengruppe Österreich als Klägerin auftritt. In dem ersten – gerichtet gegen die SPÖ Bezirksorganisation Alsergrund – gehe es um die Frage der Zuständigkeit des Handelsgerichts. Ursprünglich sei das Handelsgericht davon ausgegangen, nicht zuständig zu sein. Diese Entscheidung habe das Oberlandesgericht korrigiert, seither sei das Verfahren vor dem Handelsgericht anhängig und noch offen.

Das zweite Verfahren richte sich gegen die stellvertretende Vorsitzende der Sektion 8 der SPÖ Bezirksorganisation Alsergrund. Dort wird ein Schreiben an einen Inserenten der Klägerin zum Anlass genommen, der Beklagten die Behauptung zu verbieten, "Österreich" sei im Jahr 2016 vom Österreichischen Presserat oftmals verurteilt worden. Diese Klage habe das Handelsgericht abgewiesen. Das Oberlandesgericht Wien habe diese Entscheidung mit Urteil vom 24. November 2017 bestätigt. Diese Entscheidung des Oberlandesgerichts ist auf der Homepage der Sektion acht veröffentlicht. (red, 26.2.2018)

Aufforderung an Inseratenkunden (Stand 25.2.2018)

Worum geht es? Die Sektion Acht forderte in ihrer Kampagne #KeinGeldFürHetze Inseratenkunden im Herbst 2016 in Mails auf, nicht in Medien zu inserieren, die sich nicht an journalistische Standards hielten und den Ehrenkodex für die österreichische Presse nicht anerkennen. Im Februar präsentierte die Sektion Acht dann eine Social-Media-Kampagne, nicht in Medien zu schalten, die mit ihrer Berichterstattung die Gesellschaft spalten.

Ehrenbeleidigung, Kreditschädigung

Die Mediengruppe Österreich klagte die Sektion Acht nach Angaben von Februar 2017 wegen "ehrenbeleidigender und kreditschädigender Äußerungen". Herausgeber Wolfgang Fellner erklärte die Klage damals so: "Wir werden nicht tatenlos zusehen werden, wie eine kleine Splittergruppe versucht, mit tatsachenwidrigen Behauptungen eine Geschäftsstörung bei unseren Inserenten zu betreiben."

Das Handelsgericht Wien wies die Klage in dem Verfahren über Unterlassung und Widerruf am 7. August 2017 ab (PDF-Link auf Sektion-Acht-Seite). Es befand, die in dem Mail mitgeteilten Tatsachen wären im November 2016 korrekt gewesen. "Österreich" trat erst 2017 dem Presserat bei. Der Presserat habe "Österreich" in den Jahren davor tatsächlich mehrfach verurteilt.

Notorische Verletzung

Das Handelsgericht befand: "Unwahre Tatsachenbehauptungen liegen nach dem festgestellten Sachverhalt nicht vor. Notorisch ist auch: Verletzungen der Privatsphäre durch 'Österreich' sind immer wieder Gegenstand von Verfahren vor dem Handelsgericht Wien." Und: "Solange bei wertenden Äußerungen die Grenzen zulässiger Kritik nicht überschritten werden, kann auch massive, in die Ehre eines anderen eingreifende Kritik, die sich an konkreten Fakten orientiert, zulässig sein." Den Vorwurf der Sektion Acht der "journalistischen Hetze" ist nach Ansicht des Handelsgericht "ein zulässiges und nicht exzessives Werturteil, das von der Meinungsäußerungsfreiheit gedeckt ist". Die Mails seien lediglich eine Anregung, von einem Inseratenboykott könne man nicht sprechen.

Die Entscheidung des Handelsgerichts wurde nicht rechtskräftig, denn die Mediengruppe Österreich ging damals in die zweite Instanz.

Die Sektion Acht berichtet nun auf ihrer Webseite und in Sozialen Medien, es gebe eine rechtskräftige Entscheidung des Oberlandesgerichts Wien darüber. Das Oberlandesgericht habe die Mediengruppe Österreich abgewiesen, schreibt die Sektion, die zweite Instanz habe sich der Sicht des Handelsgerichts angeschlossen.

Update: Oberlandesgerichtsentscheid: "Dieser Tatsachenkern ist wahr"

Die Sonntagnachmittag als PDF-Dokument veröffentlichte Entscheidung des Oberlandesgerichts gibt der Berufung der Mediengruppe nicht statt, sie sei "nicht berechtigt". Es schließt sich den Äußerungen des Handelsgerichts über die Grenzen zulässiger Kritik ebenso an wie der Einschätzung über Tatsachenbehauptungen im Mail an Werbetreibende.

"Bei der Anschuldigung der 'journalistischen Hetze' beziehungsweise des 'hetzerischen Journalismus' handelt es sich um eine wertende Kritik am journalistischen Stil der Klägerin (Mediengruppe "Österreich" GmbH, Anm.), die auf einer konkreten Tatsachengrundlage beruht", heißt es in der Entscheidung des Oberlandesgerichts, die hier auf Verstöße gegen den Ehrenkodex in den vergangenen Jahren und gegen den Schutz der Privatsphäre verweist.

"Dieser Tatsachenkern ist – wie gezeigt wurde – wahr, daher könnte die Äußerung wegen der grundrechtlich geschützten Freiheit der Meinungsäußerung nur bei einem Wertungsexzess verboten werden. Ein solcher Wertungsexzess liegt allerdings nicht vor, weil ein ethischen Grundsätzen verpflichteter und objektiver Journalismus ein sehr wichtigtes demokratie- und gesellschaftspolitisches Anliegen ist, in dessen Interesse selbst überspitzte Formulierungen und massive Kritik hinzunehmen sind." Ein "Bashing" einzelner Medien stehe nicht fest.

Eine außerordentliche Revision hat das Oberlandesgericht nicht zugelassen. (fid, 25.2.2018)