Geiger Tibor Kovác und sein Ensemble Philharmonic Five.


Foto: Fadil Berisha

Wien – Das Projekt Philharmonic Five hat für Geiger Tibor Kovác schon auch ein bisschen mit Freiheit zu tun. Allerdings kann auch Freiheit abseits vom Leben als Wiener Philharmoniker Hektik produzieren. Organisieren, "arrangieren und dann bis in die frühen Morgenstunden Noten schreiben" – dies alles gehört zum Projekt. Und doch ist da diese Freiheit, "Kammermusik spielen und individuell gestalten zu können". Bei den Philharmonikern, deren Mitglied der 1967 in Levice geboren slowakische Geiger ist, wird Disziplin mehr im Sinne des Kollektivs und des Dirigenten definiert. Wenn der Maestro gut ist, folgt man ihm ja auch gerne. "Wie auch immer. Bei den Philharmonic Five können wir mehr experimentieren. Auch bei Konzerten gibt es Raum für spontane Ideen, auf welche die Kollegen eingehen können. Ein bisschen verhält es sich wie im Jazz, man kreiert im Augenblick."

Was Qualität und Klangästhetik anbelangt, sind allerdings keine Freiheiten gestattet. "Wenn wir die Melodie aus Harry Potter spielen, muss jederzeit erkennbar sein, dass philharmonische Musiker am Werk sind. Die Haltung übernehmen wir quasi aus unserem beruflichen Leben." Das lässt sich auch anhand der neuen CD Mission Possible gut studieren. Wer den Philharmonic Five im Konzert begegnet, hört zudem immer auch die großen Werke der Kammermusik. Erst danach geht es ans vermeintlich leichte Repertoire.

Ein bisschen Filmmusik

Zu den "coolen Erfahrungen" zählt Kovác dabei etwa das Umsetzen von Stücken wie Mission Impossible. "Ich bin kein Jazzer, aber meine Eltern waren Jazzmusiker, so verstehe ich, dass man aufpassen muss – besonders bei der Phrasierung. Wichtig ist ja der innere Beat, aber dieser ist auch in der Klassik wichtig. Es gibt wenige Dirigenten, die das umsetzen: Aber auch eine Symphonie von Haydn swingt! Und Bach war für mich überhaupt der größte Jazzer. Heute würde er sicher mit Pianisten wie Chick Corea oder Michel Camilo spielen."

PHILHARMONIC FIVE

Zu den philharmonischen Kollegen Ekaterina Frolova (Violine), Gerhard Marschner (Viola), Peter Somodari (Cello) kommt noch Pianist Christopher Hinterhuber hinzu. Sie alle verfügen über solistische Energien, die es originell zu bündeln gilt, es geht also um das Zusammenführen diverser Erfahrungen. Wobei: Selbst die gemachte orchestrale Erfahrung der philharmonischen Tätigkeit wirkt in einem Musiker nach: "Eine Bruckner-Symphonie mit Christian Thielemann gespielt, die zweite von Brahms mit Carlos Kleiber umgesetzt zu haben – das prägt einen. Ich werde Kleiber Gesichtsausdruck nie vergessen. In gewissen Momente hattest du das Gefühl, er würde nur dich direkt ansehen. Diesen Blick vergisst man nie, man spielte gewissermaßen um sein Leben."

Auch das Studium der Sängerinnen ist lehrreich: "Wenn man eine Anna Netrebko in der Staatsoper begleitet, kann man auch studieren, wie sie Übergänge gestaltet, wie sie den Ton bis zum Schluss klar und voll hält, damit er wirkt wie ein geschliffener Diamant. Wunderbar."

Wenn der Erfolg der Philharmonic Five explodieren würde, Kovác verließe die Philharmoniker natürlich nicht: "Um Gottes willen! Ich habe, so alles gutgeht, noch 15 Jahre vor mir. Ich bin jetzt 50", beschwichtigt er und nennt "30 bis 40 Konzerte" als machbar. Wie verhält es sich mit den Zugaben? "Wir überlegen uns das zwei, drei Tage vor dem Konzert. Da erkennt man, was sich energetisch abspielen wird. Manchmal sind dann zwei erforderlich. Aber das ist immer unterschiedlich." Situationselastisch quasi: "Wir wollen ja nicht, dass die Leute hungrig sind und wegwollen, und wir spielen noch. Manchmal hat man aber auch zu wenige Zugaben." (Ljubisa Tosic, 22.2.2018)