Wien – Junktimierungen gibt es natürlich keine in der türkis-blauen Regierung. So hat es Innenminister und FPÖ-Chefstratege Herbert Kickl noch vergangene Woche der Öffentlichkeit weiszumachen versucht. Ein knallharter Abtausch von Posten bei Materien, die eigentlich überhaupt nichts miteinander zu tun haben, wäre ja ganz alter Stil. Und der soll ja angeblich der Vergangenheit angehören.

Folglich muss es Zufall sein, dass diese Woche dann gleichzeitig das interne Feilschen um Höchstrichter und 59 Universitätsräte beendet wurde. Zufall ist es wohl auch, dass gleichzeitig im Hintergrund Absprachen über die neuen ORF-Stiftungsräte getroffen werden. Und ebenfalls Zufall muss es sein, dass am Mittwoch von der Regierung auch noch zwei neue Nationalbank-Generalräte – ein Mandat geht an die ÖVP-Vizechefin Bettina Glatz-Kremsner, eines an einen FPÖ-Bezirksrat – bestellt wurden.

Häufung an Zufällen

Ehrlicherweise muss man aber sagen: Eine derartige Häufung an Zufällen gehört eben zur Politik, das war unter früheren Regierungen nicht anders. Grundsätzlich ist es auch nichts Verwerfliches, wenn die Koalitionspartner bei staatlichen und staatsnahen Einrichtungen entsprechend ihrer Stärke vertreten sind. Einzelne Personalentscheidungen der Regierung haben aber einen Hautgout. Wenn Exjustizminister Wolfgang Brandstetter fast direkt in den Verfassungsgerichtshof (VfGH) wechselt und dort kontrollieren soll, was er selbst in der letzten Legislaturperiode mitverhandelt hat, macht das keinen schlanken Fuß.

Und da auf FPÖ-Seite der schlagende Burschenschafter Andreas Hauer in den VfGH einziehen wird und für das zweite blaue Ticket der Anwalt Michael Rami gehandelt wird, der sich vor wenigen Monaten noch ein gerichtliches Duell mit dem Verfassungsrichter Johannes Schnizer geliefert hat, muss sich die Koalition darauf einstellen, dass Entscheidungen des Höchstgerichts von der kritischen Öffentlichkeit künftig noch genauer beobachtet werden.

Cooling-off

Nicht zuletzt wegen der aktuellen Personalia wäre es sinnvoll, den Bestellmodus für den VfGH zu hinterfragen. Es bräuchte Cooling-off-Regeln für ehemalige Politiker und ein transparentes Auswahlverfahren. Denn die (nicht öffentlichen) Hearings im Parlament, auf deren Basis zwei von drei freien Richterposten vergeben werden, stehen schwer im Verdacht, nur zum Schein abgehalten zu werden. Die eigentlichen Entscheidungen fallen üblicherweise nicht im Parlament, sondern in Ministerkabinetten.

In einem Aufwasch mitreformiert werden sollte auch gleich der Auswahlprozess für die Uniräte. Derzeit ist nicht wirklich genau definiert, was ein Unirat, der immerhin über Budget- und Rektoratsfragen mitentscheidet, können muss. Wenn die Volkspartei Heute-Herausgeberin Eva Dichand als Aufsichtsorgan für die Medizinische Universität Wien installiert, sind wir wieder beim Hautgout-Thema.

Dichand ist Eigentümerin des Gesundheitsportals Netdoktor. Es stellt sich die Frage: Nutzt ihre Uniratfunktion mehr der Universität oder Netdoktor? Und auch aus ÖVP-Sicht stellen sich einige Fragen: Wurde Dichand ob ihrer profunden Uni- oder Medizinexpertise ausgewählt? Oder handelt es sich nicht vielmehr um einen weiteren Puzzlestein in der türkisen Medienstrategie, die stark auf den Boulevard angewiesen ist? Wer Sebastian Kurz und sein Team kennt, wird wohl eher auf Zweiteres tippen. (Günther Oswald, 21.2.2018)