Nur einmal angenommen, Donald Trump würde Steven Spielberg, Meryl Streep und Tom Hanks in seine Residenz einladen, um im hauseigenen Kino gemeinsam "The Post" anzuschauen. Völlig abwegig ist der Gedanke nicht, Filmeschauen mit Hollywoodprominenz gehört schließlich zu den Traditionen des Weißen Hauses. Für diesen Fall hat Hanks schon mal laut nachgedacht. Er habe sich einst nicht vorstellen können, in einem Land zu leben, in dem Neonazis mit brennenden Fackeln durch die Straßen einer Stadt wie Charlottesville ziehen, sagte er dem "Hollywood Reporter". Deshalb müsse man eigentlich schon vor der nächsten Wahl ein Votum abgeben. Sollte Trump ihn einladen, würde er wohl absagen.

Was der Schauspieler in dem Interview noch zu sagen hatte, bringt prägnant auf den Punkt, warum "The Post" kein reiner Historienfilm ist. Als Richard Nixon versuchte, die Veröffentlichung der Pentagon Papers zu verhindern, habe er der Presse massiv gedroht. "Und heute", so Hanks, "sind Leute an der Macht, die das Recht aufs Publizieren zwar nicht zermalmen, es aber bis zu einem Punkt verächtlich machen, an dem sie sagen, es gibt überhaupt keine Wahrheit."

Zweiter Frühling

Doch es gibt eine weitere Parallele: Angesichts eines Präsidenten, der die Pressefreiheit relativiert, erleben Amerikas größte Zeitungen ihren zweiten Frühling, vergleichbar mit der Blüte der 1970er- und 80er-Jahre, als die "Washington Post" die Watergate-Affäre aufgerollt hat. Befeuert durch den Trump-Effekt, feiern "New York Times" und "Post" nämlich einen Aufschwung, wie man ihn noch vor drei, vier Jahren kaum für möglich hielt. Insbesondere die "Post" hat sich von einer vorübergehenden Durststrecke erholt. Statt in die Zweitklassigkeit abzurutschen, ist sie der "Times" wieder eine ebenbürtige Rivalin.

1971 war es die Causa Pentagon Papers, die ihr publizistisches Profil schärfte, noch bevor ihre Reporter Carl Bernstein und Bob Woodward die Watergate-Affäre aufrollten. Ben Bradlee, der ehrgeizige Chefredakteur, sah darin die Gelegenheit, endlich in einer Liga mit der beneideten, bewunderten Konkurrentin aus Manhattan zu spielen. Katharine Graham, die Verlegerin, durch den frühen Tod ihres Mannes unverhofft ins Berufsleben gewirbelt, widerstand Nixons Druck. Als die Regierung die Pentagon-Papers-Serie der "Times" stoppte, sprang die "Post" in die Bresche. Beim Kapitel Watergate dann hatte sie die Nase sogar vorn.

Es erinnert ein wenig an damals, in welchem Tempo "Times" und "Post" heute unter den Teppichen des Weißen Hauses hervorkehren, was nach Trumps Willen vertraulich bleiben sollte. Nur dass beide ihre exklusiven Meldungen schon abends online stellen, versehen mit einer Bezahlschranke, statt bis zum Erscheinen der Printausgabe am nächsten Morgen zu warten. Die wiederbelebte Konkurrenz hat zweifellos beigetragen zur Entschiedenheit, mit der die vierte Gewalt dem Oval Office Paroli bietet.

Dass ein Unternehmer mit tiefen Taschen beschloss, sich eine Zeitung zu leisten, hat ebenfalls einen Anteil daran: Als Amazon-Gründer Jeff Bezos 2013 die "Post" für 250 Millionen Dollar erwarb, war es im ebenso legendären wie hässlichen Redaktionsgebäude an der 15th Street im Zentrum Washingtons schon eine Weile bergab gegangen. Was nichts an der Skepsis änderte, die dem König des Onlinehandels entgegenschlug. Ob der Mann nur ein Sprachrohr für sein Imperium brauche, lautete die Frage.

In Onlineauftritt investiert

Doch Bezos, resümiert Dan Kennedy, Journalismusprofessor an der Northeastern University in Boston, nahm seinen Kritikern den Wind aus den Segeln, indem er "zum Scheckbuch griff", zusätzliche Reporter einstellte und massiv in den Onlineauftritt investierte. Das Ergebnis gibt ihm recht. Während die Werbeeinnahmen nach wie vor sinken, steigt die Zahl der Digitalabonnenten steil an: Seit der Wahl im November 2016 hat sie sich auf mehr als eine Million verdoppelt. Ein Geschäftsmodell, bei dem die "Post" davon leben kann, was ihre Leser zahlen, scheint keine Illusion mehr. Bezos habe, so Kennedy, eines begriffen: dass eine Zeitung nur über Qualität im Geschäft bleibt, "weil ihre Kunden für weniger nicht mehr Geld ausgeben werden". (Frank Herrmann aus Washington, 22.2.2018)