Insgesamt hat die Regierung 59 Uni-Räte zu besetzen.

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Eva Dichand ist nicht nur Eigentümerin von "Netdoktor", sondern bald auch Uni-Rätin an der Medizin-Uni Wien.

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Ex-Ministerin Monika Forstinger wird neue Uni-Rätin an der Universität für Bodenkultur Wien

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Barbara Kolm ist wie Forstinger sowohl im ÖBB-Aufsichtsrat als auch in einem Uni-Kontrollgremium vertreten.

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Die frühere steirische Landesrätin Kristina Edlinger-Ploder übernimmt ein Mandat an der Medizin-Uni Innsbruck.

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Wien – Das Worst-Case-Szenario bleibt den Universitäten erspart. Wenige Tage bevor die Funktionsperiode der alten Uni-Räte ausläuft, konnten sich ÖVP und FPÖ nach langen internen Diskussionen doch noch auf neue Kandidaten einigen. Somit treten am 1. März keine Säumnisbestimmungen in Kraft, die dazu geführt hätten, dass die Amtsgeschäfte der Uni-Räte an das Bildungsministerium übergehen. Im Ministerrat wird die Liste mit 59 Namen am Mittwoch beschlossen (wie auch die Bestellung neuer Verfassungsrichter).

Sowohl die Neubesetzung des Aufsichtsgremiums der Universitäten, als auch die Neubesetzung des Verfassunsgerichtshofes, sollen von der Regierung im Ministerrat am Mittwoch beschlossen werden.
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Wie berichtet gab es beim Unithema vor allem auf ÖVP-Seite Bedenken gegen drei von den Freiheitlichen vorgeschlagene Kandidaten. Der Deal am Ende: Zwei wurden wieder gestrichen, einen konnte die FPÖ durchbringen. Konkret werden der Mathematikprofessor Werner Kuich sowie der Burschenschafter Philipp Raich nun doch nicht in einen der 22 Uni-Räte – sie fungieren als eine Art Aufsichtsrat – einziehen.

"Aula"-Schreiber

Nicht abrücken wollten die Freiheitlichen allerdings von ihrem Kandidaten Alois Gruber. Der ehemalige Unternehmer wird in das Aufsichtsgremium an der Uni Graz einziehen. Einmal, so heißt es im Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstands (DÖW), findet sich Alois Gruber als Autor in der als rechtsextrem eingestuften "Aula".

Weitaus mehr Informationen gibt es über die akademischen Burschenschaft Arminia Czernowitz zu Linz, der Gruber angehört. So veranstalten die Burschenschafter im April 2010 einen Vortragsabend mit Richard Melisch, den das DÖW als "antisemitischen Reisekader mit Neonazi-Kontakten" bezeichnet. Aufgefallen sind die Schlagenden auch im Jahr 2013. Da sollen laut DÖW "weite Teile der Arminia-Aktivitas auch in der rechtsextremen Identitären Bewegung Österreich (IBÖ) aktiv" gewesen sein. Dass die Burschenschafter das rechtsextreme Magazin "Info-Direkt" bewerben, überrascht wenig. Im Jahr 2016 haben sie als Anmelder der einschlägigen Konferenz "Verteidiger Europas" fungiert.

33 zu 26 für ÖVP

Insgesamt muss die Regierung 59 Uni-Räte nominieren, je nach Uni gehören den Räten fünf, sieben oder neun Mitglieder an. Sie fungieren neben Rektorat und Senat als leitende Organe und haben bei wichtigen Entscheidungen wie einer Rektorenwahl, dem Rechnungsabschluss oder den Leistungsvereinbarungen Mitspracherechte.

Koalitionsintern haben ÖVP und FPÖ vereinbart: 33 Personen darf Türkis vorschlagen, 26 Blau, wobei in den letzten Tagen laut Verhandlerkreisen noch heftig hin und hergeschoben wurde. Dass man, wie schon beim ÖBB-Aufsichtsrat, auf Erneuerung setzt, zeigt sich jedenfalls auch bei der Unipolitik. Gleich 43 der 59 Nominierten waren in der letzten Funktionsperiode in keinem Uni-Rat.

Auch einige Überraschungen finden sich in der Liste. So schlägt die Volkspartei "Heute"-Herausgeberin Eva Dichand für die Medizin-Uni Wien vor. Die Medienmanagerin verfolgt auf dem Gesundheitssektor auch kaufmännische Interessen. Sie ist Eigentümerin des Portals "Netdoktor". An der Med-Uni wird sie übrigens Kollegin von Ex-Gesundheitsstaatssekretär Reinhart Waneck (FPÖ).

Auch andere prominente Namen finden sich auf dem ÖVP-Vorschlag. Peter Koren, Vizegeneralsekretär der Industriellenvereinigung, wird Uni-Rat in Graz. Die frühere steirische Landesrätin Kristina Edlinger-Ploder geht an die Medizin-Uni Innsbruck, Ex-Rewe-Vorstand Werner Wutscher wird Rat an der Uni Klagenfurt.

Doppelfunktion für Forstinger

Auf freiheitlicher Seite kommt Monika Forstinger neuerlich zum Zug. Die Ex-Verkehrsministerin wurde bereits beim ÖBB-Aufsichtsrat berücksichtigt und wird nun Rätin an der Universität für Bodenkultur Wien. ÖBB- und Uni-Kontrollorin wird auch Barbara Kolm, die Chefin des liberalen Hayek-Instituts. Sie zieht in die Wirtschaftsuni Wien ein.

Einer breiteren Öffentlichkeit ist auch Friedrich Rödler bekannt. Der frühere Chef des Patentamts hatte sich jahrelang ein juristisches Match mit der früheren Grün-Mandatarin Gabriela Moser geliefert. Moser hatte Rödler bei der Korruptionsstaatsanwaltschaft wegen eines umstrittenen Zweitgehalts angezeigt. Das Verfahren wurde allerdings eingestellt. Rödler wiederum klagte Moser auf Unterlassung und Widerruf ihrer kritischen Wortmeldungen, blitzte damit allerdings ebenfalls ab.

Spiegelbild der Gesellschaft

In Regierungskreisen wird ob der türkis-blauen Kompromissliste verkündet, diese spiegle alle wesentlichen gesellschaftlichen Gruppen wider. Nicht ganz glücklich sind die Türkisen freilich damit, dass auf der blauen Liste noch immer einige Burschenschafter vertreten sind. Einer davon ist etwa Reinhard Kienberger (Technische Uni Graz). Er gab in einem Interview einmal zu Protokoll: "Ich möchte als Erstes feststellen, dass ich deutschnational bin, das ist ganz richtig, aber eben alles andere als rechtsradikal oder rechtsextrem. Wenn ich in irgendeiner Richtung extrem bin, dann bin ich radikaler Demokrat." Ein türkiser Insider dazu: "In einer Koalition muss man manchmal eben Kompromisse eingehen." (Günther Oswald, Peter Mayr, Verena Richter, Colette M. Schmidt, 20.2.2018)