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Wahlplakat für Abdelfattah al-Sisi in Kairo

Foto: REUTERS/Mohamed Abd El Ghany

Er sei lieber zu Hause im Gefängnis als in einem Palast in London, hatte der Vorsitzende der Partei Starkes Ägypten, Abdel Moneim Abul Futuh, kürzlich in einem Interview in England erklärt. Seit vergangenem Freitag sitzt der 66-jährige Arzt tatsächlich in Kairo in Untersuchungshaft. Ihm wird vorgeworfen, er gehöre einer terroristischen Gruppierung an und habe falsche Informationen verbreitet, die zur Destabilisierung des Staates führen könnten.

Abul Futuh hatte in London an Veranstaltungen teilgenommen und dem TV-Sender Al Jazeera ein Interview gegeben, in dem er einen Boykott der Präsidentschaftswahlen von Ende März unterstützt hatte. Der Aufruf ist in den vergangenen Wochen von zahlreichen politischen Figuren lanciert worden und hat schnell tausende Befürworter gefunden. Präsident Abdelfattah al-Sisi hat daraufhin unverhohlen allen gedroht, die mit der "Sicherheit spielen" würden.

Kritik abgewürgt

Nach der Unterdrückung potenzieller Kandidaten durch Verhaftung, Einschüchterung und Gewalt habe der Präsident nun begonnen, alle zum Schweigen zu bringen, die sich kritisch gegen den Wahlprozess äußern, der durch Sisi und durch seinen Sicherheitsapparat abgewürgt worden sei und jede Bedeutung verloren habe, erklärten zehn unabhängige Menschenrechtsorganisationen, die Futuhs Freilassung verlangten. Dieser hatte sich 2011 von den Muslimbrüdern getrennt und war bei den Präsidentschaftswahlen 2012 als Kandidat angetreten. Mit seiner Partei Starkes Ägypten hatte er 2013 auch die Demonstrationen zur Absetzung des islamistischen Präsidenten Mohammed Morsi unterstützt. Jetzt wird ihm vorgeworfen, er habe wieder Kontakte mit Muslimbrüdern geknüpft, die in Ägypten inzwischen als Terrororganisation eingestuft sind.

Für die Definition von Wahlboykott als Verrat kann das Regime sogar auf eine Fatwa – ein religiöses Edikt – der obersten für solche Fragen zuständigen Behörde verweisen. Diese ließ Ende Jänner erklären, wer nicht wähle, sei ein Sünder und würde unehrenhaft handeln.

Die Spielregeln würden sich fast täglich ändern, der Bewegungsspielraum für Opposition und Medien werde immer enger, konstatierte Emad Eddin Hussein, Chefredakteur der unabhängigen Tageszeitung Al-Shorouq am Wochenende. Nach der Verhaftung dreier prominenter Akteure sei kein Politiker mehr sicher. Hussein warnte das Regime, es könne zu Gewalt führen, wenn Menschen in die Enge getrieben würden und jede Möglichkeit zu legitimen politischen Aktionen fehle.

Antiterrorkampagne

Wenige Wochen vor den Präsidentschaftswahlen darf es nicht die geringste Abweichung vom offiziellen Kurs geben. Um das Land auf Linie zu bringen, wird auch mit der massiven Antiterrorkampagne "Sinai 2018" durch Armee und Polizei der Eindruck erweckt, Ägypten sei im Kriegszustand. Menschen, die für echte Wahlen und freie Meinungsäußerung kämpfen, fürchten nun, dass sie die Nächsten auf der Liste der Verhafteten sein könnten.(Astrid Frefel aus Kairo, 20.2.2018)