Justizminister Josef Moser plagen Budgetprobleme.

Foto: Matthias Cremer

Wien – Die Regierung will anscheinend das neue Erwachsenenschutzgesetz, das noch heuer die Sachwalterschaftsbestimmungen ersetzen sollte, aus Kostengründen verschieben. Dafür hagelte es am Montag harsche Kritik von der Opposition, von der Volksanwaltschaft und von Behindertenverbänden.

Das Gesetz, das im Vorjahr nach mehrjährigen Verhandlungen von allen Parteien im Parlament einstimmig beschlossen worden war, sollte am 1. Juli das 30 Jahre alte Sachwalterrecht ablösen. Damit sollte die Handlungsfähigkeit von Menschen mit Behinderung nicht mehr pauschal eingeschränkt werden. Es sind abgestuft Formen der Vertretung vorgesehen, je nachdem, in welchem Ausmaß Menschen Hilfe benötigen.

Die mögliche Verschiebung der Neuregelung der Sachwalterschaft löst heftige Kritik aus. Ein neues Gesetz sollte am 1. Juli in Kraft treten. Behindertenvertreter sprechen von einem massiven Rückschlag.
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Finanzierung vor einem Jahr zugesichert

Die Kosten dafür hätten heuer 9,5 Millionen Euro betragen und wären in den nächsten Jahren kontinuierlich gesunken, 2019 auf acht Millionen, 2020 auf sieben und 2021 auf nur mehr zwei Mio. Euro. Die Anfangskosten ergeben sich durch den Personalmehrbedarf, der allerdings bis 2022 durch den Abbau von gerichtlichen Erwachsenenvertretungen weitgehend zurückgehen wird, heißt es im Vorblatt zum fixfertigen Gesetz. Die Finanzierung wurde vor einem Jahr noch zugesichert – und zwar vom damaligen Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP). Er hatte zugesagt, die Anschubkosten aus dem Budget des Justizressorts zu finanzieren.

Nun heißt es im Justizministerium unter Josef Moser (ÖVP), dass das Gesetz "Verhandlungsgegenstand der laufenden Budgetverhandlungen" sei. Mehr könne man dazu nicht sagen, hieß es in mittlerweile schon berüchtigter türkis-blauer Zurückhaltung.

"Gesellschaftspolitischer Rückwärtsgang"

Am Montag wurden jedenfalls Behinderten-Vertreter alarmiert, dass die Regierung aus Geldmangel eine Verschiebung des Inkrafttretens des Gesetzes um zwei Jahre plane. "Es ist erschütternd, welchen Stellenwert die Bundesregierung den Rechten von Menschen mit Behinderung einräumt", kritisierte Behindertenanwalt Hansjörg Hofer. Für Ulrike Königsberger-Ludwig, SPÖ-Sprecherin für Menschen mit Behinderung, legt die Bundesregierung "gesellschaftspolitisch wieder den Rückwärtsgang ein".

Als "empörend" bezeichnete es Liste-Pilz-Klubobmann Peter Kolba, "dass diese Regierung beschlossene Gesetze offenbar reihenweise wieder ändern, abschaffen oder verschieben will". Neos-Justizsprecherin Irmgard Griss fordert die Regierung auf, die Umsetzung nicht hinauszuzögern.

Auch Volksanwältin Gertrude Brinek verlangt, dass "das größte gesellschaftspolitische Projekt der vergangenen Legislaturperiode im Justizbereich" wie geplant in Kraft treten müsse. "Auf eine andere Variante will ich mich gar nicht einlassen", sagte Brinek entschlossen. (APA, simo, 19.2.2018)