Die Wiener Philharmoniker sammeln in den nächsten Wochen viele, viele Flugmeilen: Es geht mal wieder nach Übersee. Zehn Konzerte spielt das Spitzenorchester auf dieser Amerika-Tour, von New York geht es über Florida nach Mexiko und nach Kolumbien und Chile. Mit an Bord bei dieser strapaziösen Unternehmung ist Gustavo Dudamel, ist doch der Mann aus Venezuela sowohl auf der Nord- als auch auf der Südhälfte des Kontinents ein bekanntes Gesicht. Im Gepäck haben die Kulturbotschafter Werke von Berlioz, Brahms und Mahler sowie die zweite Symphonie von Charles Ives und die vierte von Tschaikowsky.

Beim Abonnementkonzert im Musikverein war etwa zu hören: Das fünfsätzige Frühwerk von Ives ist als Aneinanderreihung von wenig originellen Belanglosigkeiten zu beschreiben; der amerikanische Komponist hat dem Ganzen haufenweise Lieder und Weisen seines Heimatlandes beigemengt. Die Harmlosigkeit von Dudamels Interpretation entsprach dem Gehalt der Symphonie. Fazit: ein Gastgeschenk der vergifteten Art.

Aber auch mit Tschaikowskys Vierter wurde man nicht wirklich warm – was aber nicht am Werk, sondern am Wirken von Dudamel lag. Der 37-Jährige leistete kaum Detailarbeit, seine gestalterischen Impulse fanden nur selten über Selbstverständliches hinaus. Die Steigerungen hatten wenig Spannung, von Orchesterseite gab es mehr Initiativkraft als vom Dirigenten. Das Scherzo war so prickelnd wie abgestandener Sekt, der Finalsatz hatte maschinenhaften Schmiss. Eine Aufführung wie mit Autopilot. Muss man erwähnen, dass die warnenden Fanfaren des Schicksals gegen Ende kein bisschen erschreckten? Bleibt zu hoffen, dass das Brahms-Programm, das Dienstag im Wiener Konzerthaus präsentiert wird, pointierter gelingt. (sten, 19.2.2018)