Schon das Landesgericht für Strafsachen in Wien hatte vor Beginn des Prozesses im Dezember Anträge gegen die Richterin wegen behaupteter Befangenheit abgelehnt.

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Wien – Der Buwog-Korruptionsprozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/ÖVP) und andere kann wie geplant weitergeführt werden: Ex-Justizminister Dieter Böhmdorfer (FPÖ) ist mit seiner Anregung an die Generalprokuratur, sie möge wegen behaupteter Befangenheit der Richterin mit einer Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes vorgehen, abgeblitzt.

Anwalt Böhmdorfer hatte die Grasser-kritischen Tweets des Ehemanns von Richterin Marion Hohenecker als Argument für eine Befangenheit der Richterin angeführt. Der frühere FPÖ-Justizminister, der jahrelang mit Grasser in der schwarz-blauen Regierung von Bundeskanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) saß, hatte in einem Schriftsatz an die Generalprokuratur als Bürger angeregt, dass die Generalprokuratur eine Nichtigkeitsbeschwerde zur Wahrung des Gesetzes ergreifen möge, um beim Obersten Gerichtshof (OGH) prüfen zu lassen, ob bei der Richterin Befangenheit vorliege.

Kein Grund

Wie der Sprecher der Generalprokuratur, Generalanwalt Martin Ulrich, am Montag gegenüber der APA erläuterte, läge aber kein Grund für ein solches Vorgehen vor: Es entspreche der ständigen Rechtsprechung, dass Außeneinflüsse auf einen Richter für sich allein noch keinen zur Befangenheit führenden Umstand begründen. "Richter sind – wie alle Menschen – regelmäßig (etwa medialen) Außeneinflüssen der aktuellen Informationsgesellschaft, aber auch Meinungsbekundungen von Personen in- und außerhalb der Justiz ausgesetzt. Es ist wesentliches Element des Richterberufs, sich von solchen Einflüssen abzugrenzen und Entscheidungen erst nach gewissenhafter Prüfung der aufgenommenen Beweise zu treffen", heißt es in der Begründung der Generalprokuratur.

Landesgericht hatte Anträge abgelehnt

"Allein Meinungsbekundungen (Tweets) eines nahen Angehörigen sind aber noch nicht geeignet, Zweifel an der Unbefangenheit einer Richterin zu wecken, sofern nicht weitere, in der Person der Richterin gelegene Umstände hinzutreten." Solche lägen bei Richterin Hohenecker nicht vor. Daher entsprach die Einschätzung des Landesgerichts für Strafsachen Wien, wonach keine äußeren Umstände vorliegen, die objektiv geeignet sind, Zweifel an der unvoreingenommenen und unparteilichen Dienstverrichtung der vorsitzenden Richterin zu wecken, dem Gesetz, so die Generalprokuratur.

Böhmdorfer zeigte sich mit der Begründung der Generalprokuratur nicht zufrieden. Es gehe darum, "dass das Umfeld, in dem die Richterin lebt und tätig ist, nämlich die 'aggressiv bösartige Haltung ihres Kollegen und Ehegatten Dr. Hohenecker zu dem Hauptangeklagten' Mag. Karl-Heinz Grasser der Grund ist, dass die von Artikel 6 Abs. 1 der Europäischen Menschrechtskonvention geforderte objektive Unparteilichkeit des Gerichtes nicht gegeben ist", sagte er zur APA. Mit der in der Anregung zitierten Judikatur des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte zur Frage der objektiven Unparteilichkeit habe sich die Generalprokuratur in der Begründung "in keiner Weise auseinandergesetzt".

Hauptverhandlung am Mittwoch

Das Landesgericht hatte vor Beginn des Prozesses im Dezember des Vorjahres bereits Anträge gegen die Richterin wegen behaupteter Befangenheit abgelehnt.Die Hauptverhandlung wird am Mittwoch im Wiener Straflandesgericht fortgesetzt. (APA, 19.2.2018)