Intendant Tomas Zierhofer-Kin räumte bei der Programmpressekonferenz am Donnerstag ein, im Vorjahr "kommunikative Fehler" gemacht zu haben. Die Navigation durch den Spielplan 2018 dürfte heuer deutlich leichter fallen.

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Wien – Nach seinem im Vorjahr auf viel Kritik gestoßenen ersten Programm als Intendant der Wiener Festwochen tritt Tomas Zierhofer-Kin nun einen Schritt zurück. Am Donnerstag präsentierte er in der Halle G im Museumsquartier seinen zweiten Spielplan, der weniger hermetisch und genretechnisch weniger hochfahrend wirkt und vermutlich weite Teile des Publikums wieder friedlicher stimmen wird. Ein schmaler, übersichtlicher Hochglanzband informiert über die dreißig Programmpunkte (11. Mai bis 17. Juni), von denen 21 (Musik-)Theaterarbeiten beziehungsweise Performances sind.

Zierhofer-Kin räumte "kommunikative Fehler" ein und meinte, man möchte keinesfalls "sektiererisch" erscheinen. An der traditionellen Eröffnung auf dem Rathausplatz wird zwar noch gefeilt, so Geschäftsführer Wolfgang Wais, der entsprechende Act am 11. Mai werde aber bei einer weiteren Pressekonferenz im April bekanntgegeben. Darüber hinaus wird am selben Tag Dries Verhoevens Phobiarama im Hof des Museumsquartiers an den Start gehen, eine Art Geisterbahninstallation, die Mechanismen der Angstmache auf der Spur sei. Eine Arbeit, so Zierhofer-Kin, "die alle verstehen werden".

Geburtsstunde der Demokratie

Das Schüren von Ängsten, fragile Demokratien und die daraus resultierenden Folgen für unsere Gesellschaft sind denn auch die wesentlichen thematischen Stränge der diesjährigen Wiener Festwochen. An die sogenannte Geburtsstunde der Demokratie zurück führt Die Orestie (21. Mai) in der Regie des gefeierten jungen deutschen Regisseurs Ersan Mondtag, der hiermit sein Österreich-Debüt gibt. Noch weiter zurück, zum Trojanischen Krieg, blickt Ong Keng Sen mit dem koreanischen Nationaltheater und Trojan Women (16. Juni). Der ägyptische Künstler Wael Shawky erzählt die Geschichte der Kreuzzüge aus arabischer Sicht: 20 Fidjeri-Sänger singen die blutrünstigen Verse des mittelalterlichen Rolandslieds (14. Mai).

Festwochenstammgast Christoph Marthaler ist mit Tiefer Schweb (4. 6.) von den Münchner Kammerspielen dabei, eine Arbeit u. a. über die surreale Verwaltung von flüchtenden Menschen.

Mit der Dynamik von Massen und Gruppen befassen sich Giselle Vienne (Crowd, 31. 5.), Boris Charmatz (10000 gestes, 13. 6.) und Stadium (29. 5.) von Mohamed El Khatib, der Fußballfans mit Theaterfans zusammenbringen möchte. Kornél Mundruczó kehrt mit Winterreise (8. 6.) wieder, einem filmischen Projekt über in Ungarn ausharrende Flüchtende zur Musik von Hans Zender nach Schubert.

Politisches im Privaten: Zu diesem weiteren Themenstrang des diesjährigen Festivals zählen Markus Öhrns Häusliche Gewalt Wien, Jean Michel Bruyères L'habitude (beide ab 8. 6.), La Plaza (7. 6.) von El Conde de Torrefiel und Superamas Recherchearbeit Chekhov Fast & Furious (15. 6.). Mit Die Selbstmordschwestern (1. 6.) – nach Jeffrey Eugenides Roman sowie Sofia Coppolas Verfilmung – holt Zierhofer-Kin eine weitere gefeierte Regisseurin erstmals nach Wien: Susanne Kennedy.

40.000 Karten aufgelegt

Während das "Performeum" sowie die Schiene "Akademie des Verlernens" aus dem Vorjahr eingestellt wurden, lotst der Clubkulturschwerpunkt Hyperreality hinaus nach Atzgersdorf ins F23, das heuer voraussichtlich zum letzten Mal bespielt werden kann. Das Clubformat geht hier nachdrücklich über Bespaßung hinaus und soll ein Freiraum sein für politische Utopien.

Nachdem die Halle E mit der Installation micro/macro von Ryoji Ikeda mehrere Wochen lang sowie zuvor von Visual Arts (New Order und Liam Gillick) blockiert ist, sind Halle G, die Gösserhallen (vormals Performeum), das Theater Akzent und das Theater an der Wien die zentralen Spielorte.

40.000 Karten haben die Wiener Festwochen aufgelegt, davon ist die erste Tranche seit gestern, Donnerstag, über die Website via Formular erhältlich. Ab 21. März folgt der Vertrieb über den Webshop und ab Ende April der direkte Verkauf. Von den 12,5 Millionen Euro Budget kommen 10,4 Millionen von der Stadt Wien (0,1 Millionen Euro weniger als 2017). (Margarete Affenzeller, 15.2.2018)