Jerusalem – Nach gut einjährigen Ermittlungen hat Israels Polizei eine Anklage wegen Korruption gegen Ministerpräsident Benjamin Netanjahu empfohlen. Es seien ausreichend Beweise für Bestechlichkeit und Untreue in zwei Fällen gesammelt worden, berichteten israelische Medien am Dienstagabend übereinstimmend unter Berufung auf die Polizei.

Die Polizei habe Netanjahu diese Schlussfolgerungen übermittelt. Eine endgültige Entscheidung über eine Anklage muss die Staatsanwaltschaft fällen. Netanjahu hat immer wieder seine Unschuld beteuert.

Netanjahu selbst lehnt einen Rücktritt weiterhin ab. "Weder ich noch sonst jemand hat Pläne für Wahlen", sagte er am Mittwoch bei einer Veranstaltung in Tel Aviv. "Ich kann Ihnen versichern, dass die Koalition stabil ist", betonte er. "Niemand, nicht ich, noch irgendwer sonst, hat vor, in eine Wahl zu ziehen." Die Regierung werde weiterhin "gemeinsam für das Wohl der israelischen Bürger bis zum Ende der Amtszeit arbeiten". Diese endet regulär 2019.

Korruptionsermittlungen

Der Regierungschef steht wegen der Korruptionsermittlungen schon seit langem unter Druck. Laut Medienberichten hat der befreundete israelische Hollywood-Produzent Arnon Milchan Netanjahu und seiner Frau Sara über Jahre hinweg Zigarren und Champagner im Wert von mehreren hunderttausend Schekel (vier Schekel sind ein Euro) geliefert. Dabei handle es sich um illegale Geschenke. Im Gegenzug soll Netanjahu Milchan etwa dabei geholfen haben, ein neues US-Visum zu erhalten.

Außerdem soll Netanjahu versucht haben, unrechtmäßig Einfluss auf die Medienberichterstattung zu nehmen. Dabei soll er sich darum bemüht haben, sich in einem Deal mit einem Medienmogul eine positivere Berichterstattung in der regierungskritischen Zeitung "Yediot Ahronot" zu sichern. Israelische Medien veröffentlichten Mitschnitte der Gespräche.

Opposition fordert Rücktritt

Oppositionspolitiker haben Netanjahu zum Rücktritt aufgefordert. Die Anklageempfehlung der Polizei werfe "einen dunklen Schatten auf den Regierungschef", sagte Ilan Gilon von der linksliberalen Meretz-Partei. "Deshalb muss er zurücktreten oder sein Amt zumindest ruhen lassen, um das Vertrauen der Öffentlichkeit in die Regierung wiederherzustellen." Der Vorsitzende der Arbeitspartei, Avi Gabai, sagte: "Die Ära Netanjahu geht zu Ende."

Heather Nauert, Sprecherin des US-Außenministeriums, sagte auf eine Reporterfrage zu der Empfehlung zur Anklage Netanjahus: "Das Einzige, was ich dazu zu sagen habe, ist, dass die Vereinigten Staaten nicht nur mit Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, sondern auch mit der Regierung Israels eine sehr enge Beziehung haben. Uns ist das natürlich bekannt, aber wir betrachten das als eine innerisraelische Angelegenheit." (APA, 13.2.2018)