Gerlos/Wien – Kurz vor den Tiroler Landtagswahlen am Sonntag nächster Woche sorgt ein Wohnbauprojekt in einer Hochburg der ÖVP für Unmut: In Gerlos, einer knapp 800-Einwohner-Gemeinde im hintersten Zillertal, soll ein millionenschweres Projekt umgesetzt werden, das aus nicht weniger als 140 Wohnungen und gut 200 Tiefgaragenplätzen besteht.

Kritiker des seit fast sieben Jahren köchelnden Projekts sagen, die Gemeinde Gerlos wolle unter dem Vorwand, sozialen Wohnbau zu betreiben, in Wirklichkeit die Interessen einiger Hoteliers puschen. Weil sozialer Wohnbau "ein Türöffner" in vielerlei Hinsicht sei, werde diese Karte auch im gegenständlichen Fall gespielt. Leistbares Wohnen für Einheimische sei den Gemeindeoberen hingegen kein großes Anliegen.

Als Personalwohnungen gedacht

Bürgermeister Andreas Haas verhehlt im Gespräch mit dem STANDARD nicht, dass der überwiegende Teil der geplanten Wohneinheiten als Personalwohnungen konzipiert ist. "Für uns ist das insofern ein wichtiges Projekt, weil Parkplätze und Unterkünfte entstehen, beides Mangelware im Ort", sagte Haas. Gerlos lebe vom Tourismus und brauche eine Entwicklungsperspektive. Ohne geeigneten Wohnraum werde es für die ansässigen Hotelbetriebe immer schwerer, Fachkräfte in ausreichender Zahl zu rekrutieren.

"Es ist auch eine Form von Wertschätzung Mitarbeitern gegenüber, eine gute Unterkunft anzubieten", sagte Haas. Aus Platznot seien Hoteliers bis jetzt gezwungen, Mitarbeiter über den Ort verstreut unterzubringen, und das nicht immer standesgemäß. Zudem würden die Mitarbeiterwohnungen "zu hundert Prozent" von interessierten Hoteliers selbst finanziert, ohne Förderung.

Neue Heimat Tirol

Als Bauträger tritt die Neue Heimat Tirol in Erscheinung, die sich je zur Hälfte im Eigentum des Landes Tirol und der Stadt Innsbruck befindet. Einer der Geschäftsführer ist der frühere Chef der SPÖ Tirol, Hannes Gschwentner.

Insgesamt sollen nach Vorliegen des Baubescheids sechs Wohnhäuser samt Garagenplätzen entstehen, die sich höhengestaffelt auf bis zu neun Ebenen erstrecken – auch das ein Dorn im Auge mancher Kritiker. Neben 14 Eigentums- und elf Mietwohnungen sind auf der Schattenseite von Gerlos auch 115 Personalwohnungen geplant. Kritiker sagen: "In einem Rutschgebiet und damit nicht ungefährlich." Baustart soll nach Ostern sein. Die Übergabe soll laut Bürgermeister Haas jedenfalls noch vor Beginn der Wintersaison 2020/21 erfolgen. (Günther Strobl, 14.2.2018)