Wien – Wenn es einen Film gibt, der alle Vorgaben der Stunde nicht nur erfüllen möchte, sondern muss – hier ist er.

Black Panther hat Marvel Studios, in deren Auftrag die hauseigenen Superhelden regelmäßig für Ordnung und Gewinn sorgen, über 200 Millionen Dollar gekostet. Das ist selbst für üppig budgetierte Blockbuster ein oberer Richtwert. Auch im Fall von Black Panther funktioniert die Schubkraft unter dem Dach Disneys perfekt, haben Marketing und Franchising entsprechend Vorarbeit geleistet. Und nach der Weltpremiere und der Aufhebung des Social-Media-Embargos darf man sich in Burbank schon entspannen. Und dennoch hat dieser Film ein veritables Problem.

Als Herrscher von Wakanda weiß man sie besser auf seiner Seite: Die königstreue Armee besteht in "Black Panther" ausschließlich aus glatzköpfigen, jungen Elitesoldatinnen.
Foto: Marvel Studios

Black Panther, von Comicautor Stan Lee und dem Zeichner Jack Kirby 1966 ersonnen, war der erste afrikanische Superheld im US-Mainstream – zwei Jahre bevor Martin Luther King in Memphis erschossen wurde. Lee besaß damals ein feines Sensorium für die gesellschaftspolitische Stimmungslage, für die Ängste der Nation im Kalten Krieg: Den gegen Russen, Nazis und alles Böse kämpfenden Superhelden trat also ein Schwarzer zur Seite, dessen Superkräfte darin bestanden, eigentlich keine zu haben. Wie Bundesgenosse Iron Man war auch der Mann aus Afrika auf sich gestellt: Kampfkunst, Intellekt und Technik – also Körper, Geist und Geld – mussten genügen.

Über Jahrzehnte hinweg wurde dem Schwarzen Panther im erlauchten Kreis der Avengers dennoch wenig Aufmerksamkeit zuteil. Er zwar immer irgendwie da, wurde aber auch immer irgendwie herumgeschubst. Bis jetzt.

Schwere Verantwortung

Denn nun rückt die Entdeckung und Bearbeitung eines neuen Bewusstseins von Blackness in Hollywood auch ihn in anderes Licht. Der erst 31-jährige schwarze Filmemacher und Drehbuchautor Ryan Coogler, der in Fruitvale Station die Geschichte des von einem weißen Polizisten erschossenen Oscar Grant erzählte und mit Creed Rocky Balboa und dem Boxerfilm einen schwarzen Helden im Ring nachfolgen ließ, übernahm die Verantwortung. Und eben diese wird in Black Panther zur Verpflichtung.

Marvel Entertainment

Entstanden ist ein Königsdrama über die Himmelfahrt eines schwarzen Messias. Erster Akt: Der Schwarze Panther (Chadwick Boseman) kehrt zwecks Thronfolge in seine Heimat Wakanda zurück. Das sich im Besitz eines Supermetalls befindliche und deshalb technologisch hochgerüstete und reiche Land, das aussieht wie ein afrikanisches Metropolis, könnte locker den Rest der Welt beherrschen, will das aber nicht. Lieber bleibt es, dem Wunsch der Altvorderen entsprechend, unentdeckt. Zweiter Akt: Ein naher Verwandter (Michael B. Jordan) erhebt Anspruch auf den Thron und die Weltherrschaft. Ein Bürgerkrieg scheint unvermeidbar, die Getreuen des Panthers sind überschaubar, das Militär folgt wieder einmal nicht dem Gewissen, sondern nur Befehlen. Dritter Akt: Der Prinz muss sich seiner wahren Stärke – also seiner Herkunft und damit Identität – besinnen, um sein im 21. Jahrhundert monarchistisch regiertes Volk vor inneren und äußeren Feinden zu schützen.

Einfache Lösung

Nun war die Vorhersehbarkeit der Erzählung von Filmen aus der Superheldenkategorie noch nie Beschwernis, und zweifellos stellt Black Panther die richtigen Fragen: Wie geht die Macht des Nationalstaats mit offenen Grenzen um, durch die er sich bedroht fühlt? "Death is better than bondange", stellt der Herausforderer die Appeasement-Politik des herrschenden Clans infrage und sieht sein Land als zukünftigen Global Player. Doch der Superheld dieses Films, dessen Kräfte denn auch selten und vorwiegend auf neutralem Boden wie etwa in den Straßen Seouls zum Einsatz kommen, vertraut indes auf Diplomatie und auf Fremdhilfe durch die befreundete CIA (Martin Freeman).

Wakanda hat den neuen Messias: Chadwick Boseman denkt als Schwarzer Panther nur an die Heimat.
Foto: Marvel Studios

Einen schwarzen Bösewicht als Usurpator will (und kann) sich Black Panther nicht leisten, im Gegenteil: Dessen Zorn in Form einer neuen Black Power muss hier persönlichen Motiven entspringen und darf das Gemeinwohl nicht gefährden. Eine Überambitioniertheit, die ein Stab an Ethnografen, mit afrikanischer Geschichte vertraute Kostümbildner und afroamerikanische Musiker wie Kendrick Lamar & SZA absichern. Das nimmt spätestens dann bizarre Formen an, wenn die Sprache Wakandas häppchenweise untertitelt wird, ehe man wieder akzentschwer ins Englische wechselt.

Der Initiationsritus, den der Schwarze Panther vor seinem Amtsantritt durchlaufen muss, er gilt auch für Black Panther: Am Ende regiert hier wie dort die Verlässlichkeit. (Michael Pekler, 14.2.2018)