Der Pflegeregress für Pflegebedürftige ist Geschichte. Wer das bezahlen soll, ist aber noch unklar. Gemeinde und Städte protestieren gegen die Mehrkosten, die sie dem Bund zu verdanken haben.

Foto: Robert Newald

Graz/Linz/Wien – Rund 1200 österreichische Gemeinden versuchen den Druck auf die Bundesregierung zu erhöhen, täglich kommen mehr dazu. Sie fordern in entsprechenden in ihren Gemeinderäten beschlossenen Resolutionen einen vollen Kostenersatz für 2018 entstehende Mehrkosten im Pflegebereich. Weil 2017 die Abschaffung des Pflegeregresses – Kritiker wie die Neos meinen, als Wahlzuckerl – beschlossen wurde, fürchten Kommunen auf hohen Kosten sitzen zu bleiben.

Zwar gab es seitens des Bundes 2017 das Versprechen, 100 Millionen Euro bereitzustellen, doch fürchten Städte und Gemeinden, dass das nicht annähernd reichen werde. Die Schätzungen aus den Ländern laufen insgesamt eher auf etwa 500 Millionen Mehrkosten hinaus. Gemeindebundpräsident Alfred Riedl appellierte am Montag im Rahmen einer Pressekonferenz an Finanzminister Hartwig Löger (ÖVP), dringend die Verhandlungen mit den Gemeinden aufzunehmen. Wenn dies nicht geschehe, werde man auch vor einer Klage beim Verfassungsgerichtshof nicht zurückschrecken. Bis 1. August können Gemeinden ihre Forderungen anmelden.

Hohe Kosten für Länder

Städtebund-Generalsekretär Thomas Weninger rechnete im ORF am Montag mit 500 Millionen Mehrkosten. Allein in Wien gab es bis Februar schon 25 Prozent mehr Nachfragen. In Oberösterreich erwartet man 71 Millionen Euro mehr Belastung, in der Steiermark rechnet Gesundheitslandesrat Christopher Drexler (ÖVP) mit 20,5 Millionen Euro – allerdings nur, wenn die Neuanträge nur von jenen kommen, die schon bisher Pflegeplätze hatten, diese aber selbst bezahlten. Sollten überhaupt mehr Menschen ansuchen, werde es teurer.

Auch in der Landeshauptstadt Graz hat Gesundheitsstadtrat Robert Krotzer (KPÖ) konkrete Zahlen: "Ab Jahresbeginn haben wir 450 mehr Ansuchen, aber das sind Menschen, die bereits in Pflegeheimen sind und bisher Selbstbehalt gezahlt haben." Der Wegfall von Einnahmen für die Stadt bedeutet also – noch – nicht auch einen Engpass von Pflegeplätzen. Doch dieser könnte sich schnell einstellen. "Die Auslastung ist in Graz jetzt schon bei 98 Prozent, neue Plätze müssen aber vom Land erst bewilligt werden."

Graz: Plus 4,5 Millionen Euro

Für Graz kursiert im Stadtsenat die Schätzung von "4,5 Millionen Mehrkosten", so Krotzer, der kritisiert: "Die Kosten werden einfach auf die Kommunen abgewälzt und von Kanzler Kurz gibt es bis jetzt nur Lippenbekenntnisse."

Ganz so einfach wird es sich der Bund aber nicht machen können, glaubt Gemeindebundpräsident Riedl, denn die Kosten seien für Kommunen weder planbar noch verkraftbar und nicht mit dem Finanzausgleich vereinbar. Das Parlament habe kein Recht, nur "seine Beschlüsse zu fassen, sondern auch die Pflicht, dafür zu sorgen, dass sie umsetzbar sind".

Das Finanzministerium signalisierte man am Montag Gesprächsbereitschaft. Die Absicherung solle "über eine Evaluierung, wo der Bund gemeinsam mit den Ländern und Gemeinden bis Mitte des Jahres den tatsächlichen Einnahmeentfall im Vergleich zu 2017 erhebt", sichergestellt werden, hieß es in einer schriftlichen Stellungnahme. (Colette M. Schmidt, 13.2.2018)