Anna Gasser mischte nicht wie erhofft im Kampf um die Medaillen mit. Sie nahm bei schlechten Bedingungen zu viel Risiko.

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Titelverteidigerin Jamie Anderson zeigte schon im ersten Lauf ihre ganze Klasse auf den Drops.

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Julia Marino (USA) war eine von vielen Athleten, die auf Grund der starken Böen eine Bruchlandung verzeichneten.

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Pyeongchang – Die Windböen waren so stark, dass man ob der Schneeverwirbelungen den letzten Kicker phasenweise nur noch schemenhaft gesehen hat. Die Durchführung des olympischen Slopestyle-Finales der Snowboarderinnen am Montag im Phoenix Snow Park in Bokwang kam einem Skandal nahe, böiger Wind sorgte für gefährliche Verhältnisse. Österreichs Hoffnung Anna Gasser war bitter enttäuscht, Platz 15 bei der Windlotterie Nebensache.

Jamie Anderson verteidigte am Montag ihren vor vier Jahren in Sotschi geholten Titel. Die 27-Jährige aus South Lake Tahoe, Kalifornien, in dieser Disziplin siebenfache X-Games-Siegerin, machte schon im ersten Lauf mit 83 Zählern alles klar. Weltmeisterin Laurie Blouin aus Kanada (76,33) belegte Rang zwei. Bronze ging an die Finnin Enni Rukarjarvi (75,38).

Beim vorletzten Sprung vom Wind verweht

Das durch Böen bei den Sprüngen gehandicapte Leichtgewicht Gasser kam im ersten Lauf auf 42,05 Punkte und im Finale auf 46,56. Die Kärntnerin riskierte nach dem zwölften Zwischenrang im zweiten Versuch viel. Nach einem gelungenen oberen Teil in der Rail-Sektion geriet der vorletzte Sprung unter Einfluss des Windes zu weit.

"Es war schon sehr gefährlich, ich bin einfach froh, dass mir nichts passiert ist. Wenn ich mich verletzt hätte, weil man einen Contest unter solchen Bedingungen abhält, wäre das schlimm gewesen. Ich bin nicht auf mich selbst böse, ich bin nur böse und enttäuscht, dass es unter den Verhältnissen durchgeführt wurde", sagte Gasser.

Vorteil für Anderson

Mitstreiterin Anderson hatte sich bei ihr am Montag nicht gerade beliebt gemacht. "Alle Mädels wollten, dass es verschoben wird, außer sie, weil sie wusste, dass sie bei solchen Verhältnissen einen Sicherheitsrun machen kann. Alle waren dagegen", erzählte Gasser. Die Organisatoren hätten schon nach Lösungen gesucht, dann aber gesagt, wenn es heute nicht stattfindet, werde alles gecancelt.

Die drittplatzierte Rukajärvi sprang Gasser zur Seite: "Es war ziemlich gefährlich. Man wusste nicht, was einen erwartet. Sie hätten es absagen oder verschieben sollen."

32 Stürze

Nachdem am Vortag die Qualifikation wegen starken Windes abgesagt worden war, wurde die Finalentscheidung am Montag mit allen Teilnehmerinnen in nur zwei statt drei Runs durchgeführt. Unterm Strich absolvierten 25 Teilnehmerinnen insgesamt 50 Runs, 32 davon endeten mit einem Sturz. Das Niveau war eines olympischen Bewerbs unwürdig, zumal die Boarderinnen in den vergangenen Jahren ihre Tricks stark verbessert und sich die Szene deutlich entwickelt hatte.

"Ich weiß gar nicht, was ich dazu sagen soll. Ich bin vom Veranstalter enttäuscht, dass er das heute durchgezogen hat", so Gasser. "Jede hatte einen anderen Wind, und echt Gute wie die Japanerinnen hatten einfach keine Chance. Man hat wirklich ein Glück haben müssen mit dem Wind. Eine olympische Medaillenentscheidung soll keine Wind-Lotterie sein."

Unter Wert verkauft

Die Freestylerinnen wurden unter ihrem Wert verkauft, das wusste auch Gasser. "Vom Fahrerischen können wir Mädels mehr, das war jetzt keine gute Show für unseren Sport. Die Runs in Sotschi waren besser als hier. Es gibt so viel Progression im Sport, dass es schade ist, dass wir das nicht zeigen haben können." Aufgrund der langsamen Verhältnisse wegen des Gegen- und Aufwindes landeten viele Läuferinnen einfach zu kurz.

"Im ersten Run habe ich noch den Double gezeigt, ich dachte mir, vielleicht brauche ich das. Jetzt im Nachhinein, nachdem ich den Winning Run von Jamie gesehen habe, denke ich mir, hätte ich ihn nicht riskieren müssen. Aber das weiß man einfach nicht", sagte Gasser. Sie selbst griff bei der Landung in den Schnee, weil sie zu weit war. Anderson gab zu: "Bei anderen Contests hätte mein Run kaum für das Finale gereicht."

Als Zwölfte ging Gasser in die Entscheidung, hielt sich in der Rail-Sektion schadlos, geriet aber auf dem vorletzten Kicker zu weit. "Ich kann nicht einmal sagen, dass ich selber viel Schuld daran hatte. Ich hatte einfach eine Windböe nach unten und bin fünf Meter weiter als geplant gesprungen."

Hoffnung Big Air

Gassers Paradedisziplin Bir Air steigt erst am 23. Februar, dem drittletzten Tag der Spiele. Die einschlägige Weltmeisterin hatte zuletzt auch bei den X-Games in Aspen triumphiert. Im Big Air hofft sie nun auf faire Verhältnisse, dort ist sie Topfavoritin.

Kreuzbandriss und Kritik

Gar nicht dabei war die Australierin Tess Coady. Die Juniorenweltmeisterin im Slopestyle und im Big Air hatte sich am Sonntag im Training einen Kreuzbandriss zugezogen.

"Die Olympischen Spiele sind für mich zu einem abrupten Ende gekommen", schrieb die 17-Jährige bei Instagram: "Wurde beim Training vom Wind erwischt, wovon mein Kreuzband kein großer Fan war."

Der australische Skiverband forderte eine Untersuchung durch den internationalen Verband, ob das Training am Sonntag vor der dann abgesagten Slopestyle-Qualifikation überhaupt hätte stattfinden dürfen. (APA, sid, lü, 12.2.2018)

Snowboard, Slopestyle Damen:

1. Jamie Anderson (USA) 83,00 Pkt.
2. Laurie Blouin (CAN) 76,33
3. Enni Rukajärvi (FIN) 75,38
4. Silje Norendal (NOR) 73,91
5. Jessika Jenson (USA) 72,26
6. Hailey Langland (USA) 71,80
7. Sina Candrian (SUI) 66,35
8. Sofia Fjodorowa (OAR) 65,73
9. Yuka Fujimori (JPN) 63,73
10. Elena Könz (SUI) 59,00

Weiters:
15. Anna Gasser (AUT) 46,56