In Zeiten, da ernst zu nehmende Medien mit sozialen Netzwerken, die ohne jede Qualitätskontrolle Behauptungen in den Äther blasen, um das Vertrauen der Bürger ringen müssen, gilt noch mehr als sonst: allergrößte Vorsicht, sorgfältige Arbeit. Mit dem Beitrag über den Wahlkampf des FPÖ-Spitzenkandidaten Markus Abwerzger leistete der ORF Tirol den seriösen Medien, zu denen er selbst gehört, einen Bärendienst.

Die Wahlkampfreportage zeigt – ganz am Ende –, wie Abwerzger einem alten Mann lauscht, der mehr oder weniger bedauert, dass man nicht mehr "stinkerte Juden" sagen dürfe. Abwerzger wirkt als Zuhörer nicht gerade entspannt, eher erstarrt. Ganz am Ende nickt er. Und Cut! In einer später vom ORF ausgestrahlten Version sieht man, dass Abwerzger den antisemitischen Sager sehr wohl postwendend zurückwies. Wenn das den Zusehern absichtlich vorenthalten wurde, ist das unredlich. Passierte das nur in der Eile, ist es doch unverständlich. Denn natürlich will man wissen, was ein Politiker daraufhin sagt.

Stinkender Antisemitismus

Jedenfalls ein folgenschwerer Fehler, ein Schnitt ins eigene Fleisch beziehungsweise in die eigene Glaubwürdigkeit. Denn was jetzt nicht übrig bleibt: Dass in Österreich immer noch ein stinkender Antisemitismus brodelt und sich Leute nicht einmal dafür genieren, diesen auf der Straße zu zeigen. Was jetzt übrig bleibt: Dass ein "Systemmedium" einen FPÖ-Politiker zu Unrecht ins "rechte Eck" rückte. Die Spitzen der Partei können sich über Extra-Munition gegen "die Medien" freuen. Da ist es egal, dass sie auch bei seriösen Berichten über einschlägige blaue "Einzelfälle" oft "Fake News!" grölen. (Colette M. Schmidt, 11.2.2018)