Markus Abwerzger (links) und der 86jährige Tiroler im Beitrag von "Tirol heute".

Foto: ORF TVthek Screenshot

Innsbruck/Wien – Nach der Kritik des Tiroler FPÖ-Spitzenkandidaten Markus Abwerzger an einem unvollständigen Zusammenschnitt eines Wahlkampfgesprächs mit einem Passanten im ORF Tirol holte der ORF dies in der "ZIB" 13:00 am Samstag nach.

Bei dem Streit ging es um die Schlussszene einer Wahlkampfreportage in "Tirol heute" des ORF am Freitag. Darin hatte sich ein 86-jähriger Tiroler bei Abwerzger darüber beklagt, dass man nicht mehr sicher sein könne in Teilen der Stadt Innsbruck.

"Sofort Nazi"

Er sei militärisch ausgebildet worden, bei der HJ (Hitlerjugend), dort habe "Zucht und Ordnung" geherrscht. "Das Politische, was sie da mit den Juden gehabt haben (*)" sei "uns nichts angegangen". Und "In der Kirche ... "hat es früher allweil geheißen: die stinkenden Juden. Heute darfst du das nicht sagen, da bist sofort Nazi". Der Beitrag endete mit einem Nicken Abwerzgers, einer Totale und dem Off-Text: "Ein blauer Landtagswahlkampf auf Hochtouren".

In den sozialen Medien hagelte es daraufhin Kritik am FPÖ-Politiker, die dieser sofort zurückwies. Er erklärte: "Wir haben uns deutlich distanziert", der ORF habe die Reaktion nicht gezeigt, er forderte das Rohmaterial vom ORF.

In der "13:00-Uhr-ZIB" am Samstag zeigte der ORF das ganze Gespräch.
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"Soll man auch nicht sagen"

In der ungeschnittenen Fassung des Beitrages, die nun am Samstag in der ZiB um 13.00 Uhr gezeigt wurde, sieht man tatsächlich, dass Abwerzger nach dem Satz, wonach man nicht mehr "stinkende Juden" sagen dürfe erklärt: "Das soll man aber auch nicht sagen."

Ähnliche Worte kamen von FPÖ-Klubobmann Rudi Federspiel, der im TV-Beitrag zwar nicht zu sehen, aber zu hören war. Er sagte zunächst: "Das ist auch falsch", und fügte dann noch hinzu: "Jeder Mensch hat seine Würde und jeder Mensch hat seine Rechte."

"Wollte ihn ausreden lassen"

Am Samstag betonte Abwerzger gegenüber dem ORF auch noch, dass sein Nicken keinesfalls zustimmend gewesen sein, er habe den Passanten ausreden lassen wollen. Es könne sein, dass er den Mann früher unterbrechen und daraufhinweisen hätte sollen, "er soll den Blödsinn lassen", so Abwerzger. Man habe die Sache mit dem 86-Jährigen auch anschließend noch besprochen, dabei habe es durchaus Widerspruch gegeben. Klar sei jedenfalls: In der Tiroler FPÖ sei kein Platz für Antisemitismus und Rassismus.

ORF-Tirol-Chefredakteurin Brigitte Gogl hatte zuvor auf STANDARD-Anfrage erklärt, der ORF gebe grundsätzlich kein Rohmaterial heraus. Gogl stellte sich hinter die Gestalterin des Beitrags, sie sei eine langjährige, erfahrene Politikredakteurin, die die Relevanz von Aussagen und O-Tönen von Politikern einschätzen könne.

"Tirol heute": Wahlkampfreportage über die FPÖ Tirol am Freitagabend.
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Abwerzger hatte zuvor massive Kritik an der Beitragsgestaltung geübt, er sprach – in traditioneller FPÖ-Terminologie – von der "linken Jagdgesellschaft".

"Haben uns deutlich distanziert"

Abwerzger fordert auch eine Entschuldigung seitens des ORF. Zudem brauche es "nachweisliche Konsequenzen" im öffentlich-rechtlichen Sender, verlangte der FPÖ-Chef in einer von der "Tiroler Tageszeitung" am Samstagnachmittag veranstalteten Diskussion der Spitzenkandidaten für die Landtagswahl. Bewusst Stellungnahmen wegzulassen, sei "letztklassig", so Abwerzger.

FPÖ-Generalsekretär Harald Vilimsky sprach von "übelster Manipulation des ORF-Tirol", die nach "sofortigen Konsequenzen" schreie. "Derartiges ist in der österreichischen Mediengeschichte wohl einzigartig." (fid, red, 10.2.2018)