Es gibt wahrscheinlich eine knappe Mehrheit im Lande, die möchte, dass diese Regierung erfolgreich ist und "etwas weiterbringt". Die gefühlte oder tatsächliche Blockade während der SPÖ-ÖVP-Koalition hat einen breiten Unmut erzeugt und den Machtwechsel zu Türkis-Blau beschleunigt. Von dieser Regierung haben sich viele etwas erwartet.

Das Problem dabei ist aber zunächst der Regierungspartner FPÖ, der zwischen Inkompetenz und demokratischer Bedenklichkeit oszilliert. Die Freiheitlichen haben schwach begonnen – mit Themen wie Rauchfreiheit, Raserfreiheit und berittener Polizei; und sie sind sofort im gestreckten Galopp in den Sumpf ihrer Burschenschaften und sonstigen extrem rechten Connections geritten. Letztes Beispiel: FPÖ-Geschäftsführer Harald Vilimsky wird sich am Aschermittwoch mit der AfD verbrüdern, einer Partei, deren Bundestagsabgeordneter Siegbert (sic!) Droese nostalgisch vor dem Führerbunker ("Wolfsschanze") im ehemaligen Ostpreußen posiert (mit Hand auf dem Herz).

Die FPÖ ist das eine Problem von Sebastian Kurz; das andere ist, dass seine türkise Truppe zu gern auf Populismus setzt, zuletzt auf dem Gebiet des Rechtswesens, genauer im Sexualstrafrecht. Und selten sind die populistischen Beweggründe so klar ausgesprochen worden wie von Staatssekretärin Karoline Edtstadler im "ZiB 2"-Interview mit Armin Wolf am Montag.

Edtstadler sagte, die Justiz brauche eine "möglichst breite Akzeptanz der Bevölkerung". Wenn die Strafen bei Gewalt- und Sexualdelikten "im unteren Rahmen" seien, dann könne man "nicht von Akzeptanz sprechen". "Mir ist es wichtig, dass wir den sozialen Frieden in diesem Land wahren. Und aus meiner Sicht ist es dann auch wichtig, dass man, wenn es notwendig ist, auch strengere Strafen verhängt."

Wolf fragt daraufhin, ob der soziale Friede im Land durch niedrige Strafen gefährdet sei.

Edtstadler darauf in verblüffender Argumentation: "Also wenn man einigen Posts auch in sozialen Medien auf Berichte von sehr niedrigen Strafen folgt, dann muss man schon fürchten, dass das der Fall ist, ja."

Hasspostings auf Straches Facebook-Seite, Trolle im Internet, Shitstorms in den diversen Foren als Richtschnur der Rechtspolitik im sensibelsten Bereich? Die Welt der "sozialen Medien" als Grundlage der Regierungspolitik?

Jeder halbwegs damit Befasste weiß, wie vorsichtig und differenziert man mit den "sozialen Medien" umgehen muss. Eine Studie der Datenjournalisten bei mokant.at über die Wirkung von Facebook im österreichischen Wahlkampf ergab etwa, dass die Hälfte von 2,9 Millionen Kommentaren von nur 8900 Usern stammte.

Wenn ein zehnjähriger Bub von einem irakischen Asylwerber im Bad vergewaltigt wird und der OGH die Strafe von sieben auf vier Jahre herabsetzt, dann irritiert das auch gemäßigte Menschen. Die Begründung wird schon nicht mehr wahrgenommen. Und würde man in manchen Fällen die Postings auf Straches Facebook-Seite zur Richtschnur nehmen, könnte man die Lynchjustiz einführen. "Kurz präsentiert für die Ferien Kurz-Buch und Polit-Häppchen", titelt die Krone. Das klingt nach subtilem Tadel. Vielleicht ein Warnzeichen. (Hans Rauscher, 6.2.2018)