Wiewohl die völkischen Verbindungen keine gesellschaftlich relevante Größe sind, so war ihre politische Bedeutung noch selten höher als heute.

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Jede Partei, die binnen kurzer Zeit ihre Stimmen- und Mandatszahl vervielfacht, steht vor einem Problem: Woher halbwegs geeignete Leute nehmen, um die dutzenden, vielleicht sogar hunderten neuen Positionen auf allen politischen Ebenen zu besetzen? Die FPÖ macht diesen Prozess gerade zum zweiten Mal durch. Nach dem Aufstieg unter Jörg Haider zwischen 1986 und 1999 hat sie mit der Regierungsbeteiligung den vorläufigen Höhepunkt der Ära Heinz-Christian Strache (seit 2005) erreicht.

Beide Male startete die Partei nach schweren Krisen (1986: Koalitionsbruch; 2005: BZÖ-Abspaltung) von bescheidenem Niveau aus und schaffte es innerhalb eines starken Jahrzehnts auf ein gutes Viertel aller Stimmen bei Nationalratswahlen. Beide Male folgte auf den Aufstieg eine Regierungsbeteiligung als Juniorpartner der ÖVP.

Karrieristen aus der Buberlpartie

Das eingangs erwähnte Personalproblem aber löst die Strache-FPÖ gänzlich anders als die Haider-FPÖ (ein weiteres Indiz dafür, dass – wie an dieser Stelle schon einmal argumentiert – Strache das politische Handwerk besser beherrscht als sein einstiges Vorbild). Während sich nämlich viele der Karrieristen aus Haiders Buberlpartie früher oder später auf der Anklagebank wiederfanden (Rumpold, Westenthaler, Maischberger, Grasser), setzt die FPÖ unter Strache auf ein anderes – verlässlicheres – Personalreservoir: die völkisch Korporierten.

Der im öffentlichen Diskurs gebrauchte Begriff Burschenschafter ist etwas irreführend. Tatsächlich machen die akademischen Burschenschaften nur einen Teil – wenngleich einen zentralen – der völkischen Schüler- und Studentenverbindungen in Österreich aus (neben Corps, Landsmannschaften, Sängerschaften etc.).

Minderheit in den Neunzigern

Die Grafik unten zeigt die Stärke völkisch Korporierter und akademischer Burschenschafter im FPÖ-Nationalratsklub seit 1986. Die Daten stammen vom Politikwissenschafter Bernhard Weidinger (hier gibt es unter "Open Access" das dazugehörige Buch zum Download).

Man sieht deutlich, dass der Anteil an völkisch Korporierten in der Ära Haider von rund 40 auf unter 20 Prozent sinkt, während die Partei von zwölf Sitzen (1983) auf 52 (1999) zulegt. Akademische Burschenschafter sind in den Neunzigern eine verschwindend kleine Minderheit im freiheitlichen Klub.

Ganz im Gegensatz dazu die FPÖ der Ära Strache: Während die Partei von 21 (2006) auf 51 Mandate (2017) zulegt, geht der Korporiertenanteil nur geringfügig zurück (von 50 auf rund 40 Prozent) und bewegt sich in den letzten zwölf Jahren auf doppelt so hohem Niveau wie in den Neunzigern.

Verflechtung mit der FPÖ enger denn je

Zusätzlich erreichen die akademischen Burschenschafter – die politisch prononciertesten Verbindungen im deutschnationalen Lager – eine bisher nicht gekannte Stärke. Stellten sie in der gesamten Zweiten Republik kaum je über 20 Prozent der FPÖ-Abgeordneten, ist ihnen heute über ein knappes Drittel aller FPÖ-Mandatare zuzurechnen (mehr Sitze als Neos oder Liste Pilz).

Wiewohl die völkischen Verbindungen keine gesellschaftlich relevante Größe sind, so war ihre politische Bedeutung noch selten höher als heute. Zum einen ist ihre personelle Verflechtung mit der FPÖ enger denn je, und zum zweiten hat der Einfluss der FPÖ mit der Regierung Kurz einen neuen Höhepunkt erreicht. (Laurenz Ennser-Jedenastik, 6.2.2018)