London – Der Vorsitzende des britischen Unterhauses hat mehrere männliche Abgeordnete wegen ihres "rüpelhaften" Verhaltens während einer Debatte über die Einführung des Frauenwahlrechts in Großbritannien vor hundert Jahren gerügt.

Parlamentspräsident John Bercow musste am Mittwoch eingreifen, nachdem die stellvertretende Labour-Chefin Emily Thornberry mit dem konservativen Minister David Lidington aneinandergeraten war.

Lidington vertrat in der parlamentarischen Fragestunde die britische Premierministerin Theresa May, die derzeit China besucht. Thornberry verwies in ihrem Redebeitrag auf den Jahrestag des Frauenwahlrechts und forderte heute eine weitere große Reform: die Absenkung des Wahlalters von 18 auf 16 Jahre. Die Regierung verweigert diese Reform. Thornberry sprach deshalb von einer "Koalition der Höhlenmenschen".

"Dumme Individuen"

Lidington entgegnete ihr, sie solle "erwachsen werden". Diese Äußerung sorgte für Ärger. Ein Sprecher von May sagte, die Premierministerin mache sich diese Bemerkung nicht zu eigen. "Sie würde nicht diese Sprache sprechen", sagte der Sprecher.

Bereits zuvor war Thornberry im Unterhaus niedergeschrien worden, als sie eine Frage an Lidington richtete. Der Unterhaus-Vorsitzende Bercow sagte dazu, es sei eine "traurige Ironie", dass "viele laute, rüpelhafte und in einem Fall ziemlich dumme Individuen" eine Frau niederschrien, wenn diese das Wort ergreife. "Hören Sie damit auf!"

Wahlrecht seit 1918

Thornberry hatte Lidington gefragt, wie der Frauenanteil im Parlament erhöht werden könne. Sie verwies darauf, dass sie die "erste gewählte Emily seit 1918" sei, während Träger des Vornamens ihres Gegenübers, David, schon 155 Mal im Unterhaus gesessen hätten. Lidington antwortete, dass die konservativen Tories mit Margaret Thatcher und May schon zwei Frauen als Vorsitzende hatten, Labour hingegen noch keine einzige. Thornberry erwiderte, dass viele in der konservativen Partei May loswerden wollten.

Das britische Parlament hatte am 6. Februar 1918 Frauen über 30 Jahre und mit persönlichem Eigentum das Wahlrecht gegeben. (APA,AFP 1.2.2018)