Die Abstiegsangst hat gerade jetzt, da wieder das städtische Gerangel um die Plätze im Gymnasium losgegangen ist, die Eltern fest im Griff: bloß jetzt nicht versagen im elterlichen Auftrag, den Nachwuchs mit zehn Jahren auf dem hyperkompetitiven Spielfeld gesellschaftlicher Hierarchien gut in Stellung zu bringen.

Wenn schon das dumpfe Gefühl herrscht, den "kleinen Aufstieg" für die nächste Generation in all den Umbrüchen nicht sicherstellen zu können, dann zumindest nicht den Abstieg zulassen – und als solcher gilt die Neue Mittelschule. Denn von dort führt im urbanen Gefüge höchstwahrscheinlich die Straße ungebremst nach unten in der Bildungshierarchie, die von einer Anhäufung tertiärer Abschlüsse plus daraus später abgeleiteter Einkommens- und Statusunterschiede im Arbeitsleben regiert wird. Als "unten" gelten dieser Logik folgend dann mit 15 Lehre und/oder berufsbildende Schule.

Zwar werden die Jungen mit solchen Abschlüssen hoch gelobt wegen der sofortigen Brauchbarkeit für den Arbeitsmarkt, die Renaissance von Gewerbe und Handwerk wird beschworen. Aber eben für die anderen. Die eigene Progenitur muss in die AHS oder in die Privatschule. Natürlich auch jene von Politikern und Funktionären, die laute Loblieder auf die alternativen Wege singen. Obwohl die AHS-Matura so gut wie keine Karte auf dem Arbeitsmarkt ist, ist sie in stillschweigender Übereinkunft höchstes Ziel, um es "später besser" haben zu können. Besser als die anderen.

Solange diese viel zu frühen Entscheidungen als falsche Elitenfahne hochgehalten werden, wird es keine Chancengleichheit geben. So lange wird ein System halten, das (zu früh) sortiert und falsch hierarchisiert. So lange werden tausende Kids mit zitternden Eltern sich durch (Aus-)Bildungen quälen, die wenig Freude und nur scheinbar bessere Karten bringen. (Karin Bauer, 31.1.2018)