Wien – Die vom Aussterben bedrohten Waldrappe sind, um es mit einem Begriff aus dem menschlichen Beziehungsleben zu sagen, seriell monogam. Sprich: Paarpartner brüten für eine Saison miteinander, aber in der darauffolgenden Saison gehen sie meist erneut auf Partnersuche. Dadurch ändert sich die Stabilität der Paarbindung während des Jahres, mit starken Bindungen am Beginn und schwächeren außerhalb der Brutzeit. Die Eltern müssen in der Brutzeit sehr viel Energie für die Eiproduktion, Bebrütung und die Aufzucht der Jungen aufwenden – was dazu zu führen scheint, dass sich ihr Stress und womöglich auch der Parasitenbefall erhöht.

Gibt es also tatsächlich einen Unterschied in der Stress- und Parasitenbelastung während und nach der Brutzeit? Und spielt dabei die Paarbindung eine Rolle? Ein österreichisch-britisches Team um die Biologin Verena Pühringer-Sturmayr, Dissertantin an der Uni Wien und Mitarbeiterin der Konrad Lorenz Forschungsstelle (KLF), ging diesen Fragen auf den Grund, indem sie die Waldrappe während und außerhalb der Brutzeit begleiteten und die Stresshormone der Tiere untersuchten.

Benachteiligte Männchen?

Die im Fachblatt "PLoS One" veröffentlichten Ergebnisse deuten tatsächlich darauf hin, dass vor allem die Brutsaison einen großen Einfluss auf die Abwehrkräfte der Waldrappe hat. Erstaunliches Resultat: Die Männchen litten während der Brutphase häufiger unter einer höheren Parasitenbelastung als die Weibchen. Das wiederum lässt darauf schließen, dass deren Immunsystem durch die soziale Investition während der Brutzeit negativ beeinflusst wird. Gleichzeitig beobachteten die Forscher, dass die Männchen in der Brutsaison häufiger die Initiative ergriffen, mit anderen Individuen Nettigkeiten auszutauschen.

Zwei Waldrappe beim freundlichen Grüßen...
Foto: Verena Pühringer-Sturmay
...und hier beim fürsorglichen Kraulen.
Foto: Verena Pühringer-Sturmay

Verpaarung und Freundlichkeit

Verpaarte Waldrappe gingen insgesamt freundlicher miteinander um (sie begrüßten und kraulten sich gegenseitig und saßen nebeneinander). Die Weibchen schienen also vom Erhalt soziopositiver Verhaltensweisen profitiert zu haben. "Wir vermuten, dass zumindest für Weibchen eine starke Paarbindung dazu führt, die Parasitenbelastung zu reduzieren und dadurch das Immunsystem zu stärken", so Pühringer-Sturmayr. (red, 3.2.2018)