Sebastian Kurz und Viktor Orban bei einem Treffen im vergangenen Jahr: Dass der ungarische Präsident der erste offizielle Gast der neuen Regierung ist, sorgt für Kritik.

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Wien – Dass der nationalkonservative ungarische Ministerpräsident Viktor Orbán der erste Auslandsgast der neuen Bundesregierung ist, haben am Montag die Neos kritisiert. "Wir halten die politischen Freundschaften von Kurz und Strache für höchst fragwürdig, wir halten sie für problematisch", sagte Parteichef Matthias Strolz.

Orbán sei ein "Proponent der illiberalen Demokratie". Es gebe aber keine illiberale Demokratie, sondern "es ist dann nicht mehr weit zum System Putin", verwies Strolz auf den russischen Präsidenten als "erweiterten Freund" Orbáns. "Wir glauben, dass Europa nicht diese Straße nehmen soll." Strolz warnte davor, "populistisch die nationale Karte zu zücken". Diese könne in Europa nur in einem Gegeneinander enden. Die Bundesregierung solle daher nicht auf diese Linie setzen.

So weit, dass man Orbán überhaupt nicht mehr zu bilateralen Treffen einladen sollte, wollte Strolz nicht gehen: Natürlich solle man auch zu schwierigen Nachbarn Kontakt halten. Es gehe ihm aber um die "Symbolkraft" des ersten Besuches und nach dem Motto "Zeige mir deine Freunde und ich sage dir, wer du bist" um die Frage, wer das Vorbild der neuen Bundesregierung sei.

Als liberales und pro-europäisches Gegengewicht zu Orbán in Ungarn stellte Strolz Andras Fekete-Györ von der liberalen Bewegung Momentum vor. Gemeinsam mit den Gruppierungen Progressive Slovakia und Nowoczesna (die Moderne) aus Polen haben die Neos und Momentum kürzlich eine Initiative als Gegenpol zu anti-europäischen Strömungen ins Leben gerufen.

SPÖ mahnt zu Zeichen für Europa

Kritische Worte kommen auch von der SPÖ. Der geschäftsführende Klubobmann Andreas Schieder forderte von Kurz "eine Klarstellung über den Europakurs, den Österreich unter Schwarz-Blau einschlagen wird. Der ÖVP war es stets wichtig, sich als proeuropäisch darzustellen (...). Es braucht jetzt ein deutliches Zeichen für ein demokratisches Europa mit einem gemeinsamen europäischen Interesse." Österreich dürfe seine wichtige Rolle im pro-europäischen Lager nicht verspielen, und müsse gerade mit Blick auf die EU-Ratspräsidentschaft in der zweiten Jahreshälfte "Flagge zeigen gegenüber undemokratischen und autoritären Tendenzen und Spaltungsfantasien in Europa".

Empfang bei Kurz und Strache am Dienstag

Kurz und Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) empfangen Orbán am Dienstag in Wien. Orbán steht international wegen autoritärer Tendenzen in der Kritik. Seine rechtsnationale Regierung geriet immer wieder wegen umstrittener Verfassungsreformen, Mediengesetze, des Hochschulgesetzes, Vorgehens gegen ausländische Unternehmen oder der rigiden Flüchtlingspolitik in Konflikt mit der EU, wobei sich auch Kurz beim letzten Thema für einen rigiden Kurs mit dem Hauptfokus auf den Schutz der Außengrenzen einsetzt.

Uneinig sind sich Österreich und Ungarn aber bei der von der Bundesregierung geplanten Anpassung der Familienbeihilfe für Kinder im EU-Ausland an die Lebenshaltungskosten im jeweiligen Land. Für Ungarn, die in Österreich arbeiten und deren Kindern in Ungarn leben, würde das eine Kürzung bedeuten. Ungarn ist von der geplanten Maßnahme ökonomisch am meisten betroffen. 2016 betrug die österreichische Familienbeihilfe für die fast 39.000 betroffenen Kinder rund 80 Millionen Euro. Auch Orbán-Gegner Fekete-Györ zeigte sich "nicht einverstanden" mit der Maßnahme.

Zweites aktuelles Konfliktthema ist die Atomkraft, wo Wien nun rechtlich gegen die ungarischen Ausbaupläne des AKW Paks vorgehen will. Eine gemeinsame Pressekonferenz von Kurz und Orbán ist nicht geplant. (APA, 29.1.2018)