Als ich im Jahr 2014 die Gründung von "Letzte Hilfe – Verein für selbstbestimmtes Sterben" gemeinsam mit dem mittlerweile verstorbenen Heinz Oberhummer bei der Landespolizeidirektion Wien angezeigt habe, wurde die Vereinsgründung untersagt, da der Verein gegen in Österreich geltende Rechtsvorschriften verstoßen würde, nämlich Paragraf 78 StGB, "Mitwirkung am Selbstmord". Der Rechtstaatlichkeit verpflichtet, nahmen wir dies zur Kenntnis und gingen durch alle Instanzen um zu klären, ob ein Verbot der Beihilfe zum selbstbestimmten Tod verfassungskonform sei.

Wir haben nicht recht bekommen. Mit dem letztinstanzlichen Urteil des Verfassungsgerichtshofs bin ich nach wie vor nicht einverstanden, muss es aber akzeptieren. Im Rahmen der überraschend breit geführten öffentlichen Diskussion, die diese Aktion begleitet hat, habe ich mir allerdings oftmals anhören müssen, dass gerade in Österreich aufgrund der NS-Vergangenheit mit dem Thema Euthanasie "sehr vorsichtig umgegangen werden muss". Zuletzt auch von Andreas Khol, dem ehemaligen Architekten von Schwarz-Blau I.

Was geht – und was nicht

54 Jahre vor diesem Vorstoß wurde in Österreich ein gewisser Verein namens "Pennale Burschenschaft Germania" (wieder-)gegründet, in der Tat eine Burschenschaft mit faschistoid anmutender, deutschnationaler Ausrichtung. Wie sich jüngst herausgestellt hat, dürfte SS-Liedgut einen wesentlichen Bestandteil des "kulturellen Programms" dieser Gruppierung, deren Sympathie zu nationalsozialistischem Gedankengut wohl kaum noch geleugnet werden kann, darstellen.

Und nun schließt sich der Kreis. Eines der zentralen Verbrechen des NS-Regimes war – neben Völkermord gigantischen Ausmaßes und der beispiellosen Verfolgung politischer Gegner – das Euthanasieprogramm, dem hunderttausende Menschen zum Opfer fielen. Wer NS-Nostalgie hegt, identifiziert sich zwangsläufig auch mit rassenhygienischen Vorstellungen, die letztendlich zum Massenmord führten.

In Österreich im Jahr 2018 wird absurderweise jede Beihilfe zu einem selbstbestimmten Tod strafrechtlich verfolgt und die Gründung von Vereinen zu diesem Zweck polizeilich untersagt, während andere Vereine, die zunehmend offen nationalsozialistisches Gedankengut bejahen und die Vergasung von Menschen bejubeln, von der Behörde genehmigt beziehungsweise nicht aufgelöst werden (gemäß Paragraf 29, Absatz 1 Vereinsgesetz in Verbindung mit dem Verbotsgesetz).

Man darf sich jetzt schon wundern. (Eytan Reif, 25.1.2018)