Österreichische Archäologen dürfen wieder in Ephesos graben. Es ist eine schöne, versöhnliche Geste der Türkei nach zwei hässlichen Jahren in den Beziehungen der beiden Länder, die zeigt, wie einfach die Türken in Wahrheit zu gewinnen sind: Man muss auf sie zugehen – nicht einmal sehr weit -, sie ihr Gesicht wahren lassen, Respekt zeigen. Der neuen Außenministerin Karin Kneissl ist das nach ihrer Ernennung mit einem Anruf bei ihrem Kollegen und ein paar netten Worten auf Türkisch gelungen. Aber eine schöne Atmosphäre verpufft auch.

Der EU-Beitritt der Türkei ist der 400-Kilo-Gorilla, der im Zimmer steht und den die Außenministerin und ihr türkischer Kollege Mevlüt Çavusoglu im Moment ignorieren wollen. Das ergibt zu einem gewissen Maß auch Sinn. Österreich ist in der EU mit der Regierungslinie Abbruch der Beitrittsverhandlungen viel zu isoliert, als dass daraus ein einstimmiger Beschluss in Brüssel werden könnte; die Türkei wiederum hat mit dem Gang in die autoritäre Herrschaft auch die letzten Beitrittsbefürworter verprellt.

Die österreichische Regierung kommt deshalb um das eine wie um das andere nicht herum: Sie wird an einer Ersatzlösung für den Türkei-Beitritt mitarbeiten müssen, der die gesichtswahrende Beitrittsperspektive doch noch erhält. Und Wien wird – wie Kneissl es zum Teil in Istanbul auch tat – Verhaftungen, Arbeitsverbote und die Auflösung der Demokratie in der Türkei thematisieren müssen. (Markus Bernath, 25.1.2018)