Bild nicht mehr verfügbar.

Nord- (rot) und Südkoreas (schwarz) Eishockeyspielerinnen trainieren ab sofort gemeinsam für die Olympischen Winterspiele.

Foto: Reuters / Pool / Song Kyung-Seok

Wien/Seoul – Nordkorea rief in der Nacht zum Donnerstag noch einmal "alle Koreanerinnen und Koreaner" zur Tat: Jeder im In- und Ausland müsse für das Ziel der Wiedervereinigung kämpfen, hieß es in einer der seltenen an alle Koreaner gerichteten Aussendungen aus Pjöngjang. Dafür solle die Zusammenarbeit mit Seoul gefördert werden, außerdem müsse es Kontakte und Reisen geben, so Pjöngjang, das seinen Bürgern seit Jahrzehnten beides streng verbietet.

Zumindest den meisten: Denn zwölf spezielle Nordkoreanerinnen durften fast zeitgleich mit dem Aufruf tatsächlich in den Süden reisen. In rot-weiß-blaue Winteroveralls gekleidet, fuhren jene zwölf Eishockeyspielerinnen über die streng bewachte Grenze, die gemeinsam mit ihren 23 südkoreanischen Kolleginnen bei den Olympischen Winterspielen in Pyeongchang ein gemeinsames Team unter der "Wiedervereinigungsflagge" stellen sollen.

"Größer als wir selbst"

Natürlich sei es für sie und ihre Spielerinnen "eine schwierige Situation", sagte dazu die US-amerikanische Trainerin des Eishockeyteams, Sarah Murray, "wenn unser Team für politische Zwecke genutzt wird". Allerdings müsse man sich nun eben den Dingen fügen, "die größer sind als wir selbst".

So einsichtig geben sich längst nicht alle in Südkorea. Vor allem aus den Reihen der konservativen Opposition wächst die Kritik an der ausgleichenden Politik von Präsident Moon Jae-in. Oppositionschef Hong Joon-pyo gab seiner Sorge erst kürzlich durch die plakative Formulierung Ausdruck, die Olympischen Spiele in Pyeongchang dürften nicht zu "Pjöngjang-Olympia" werden.

In der Bevölkerung wird der Kurs des Präsidenten hingegen noch mehrheitlich unterstützt, seine Zustimmungsrate liegt bei 60 Prozent. Sie ist damit aber im Vergleich zum Vormonat um sechs Prozent gesunken. In der gleichen Befragung sagte die Hälfte der Koreanerinnen und Koreaner zudem, dass sie ein gemeinsames Olympia-Team, wie es nun geplant ist, für ein zu großes Entgegenkommen halten. Sie lehnen auch die "Wiedervereinigungsflagge" ab, unter der Süd- und Nordkoreas Athleten antreten.

Auch US-Vizepräsident Mike Pence sagte am Donnerstag, er wolle durch seine Anwesenheit in Pyeongchang verhindern, dass der Norden die Spiele "zur Geisel" seiner Politik mache. Er spielte dabei womöglich auch auf die Pläne für eine große Militärparade an, die Pjöngjang jüngst vom 25. auf den 8. Februar vorverlegt hat – den Tag vor Beginn der Spiele. (Manuel Escher, 25.1.2018)