Eine 700 Kilometer lange Reise durch China haben diese Ming-Villa und 10.000 Kampferbäume hinter sich.

Foto: Amanyangyun

Die Häuser aus der Ming- und Qing-Dynastie, also rund 400 bis 500 Jahre alt, wurden abgetragen.

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Akribisch nummeriert, wurden sie nahe Schanghai wieder rekonstruiert.

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Die Verzierungen wurden während der Kulturrevolution mit Lehm bedeckt, um sie vor Zerstörung zu schützen.

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Auf dem zehn Hektar großen Areal können Gäste nun in dreizehn antiken Häusern wohnen.

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Wir schreiben das Jahr 2002 und befinden uns in dem kleinen Ort Fuzhou in der südchinesischen Provinz Jiangxi, rund 700 Kilometer südwestlich von Schanghai. Die chinesische Regierung hat entschieden, in der Provinz einen Staudamm zu bauen. Fuzhous Schicksal und das seines Waldes ist besiegelt: Die Menschen werden umgesiedelt, die Häuser geflutet, die Bäume abgeholzt.

In jenem Sommer 2002 besucht der chinesische Multimillionär Ma Dadong Fuzhou. Er freut sich auf seine Eltern und auf das scharfe Essen seiner Heimat. Mit 22 Jahren ging er von Fuzhou nach Schanghai und machte mit Immobilien und Vermögensberatung Unmengen von Geld – in gerade einmal sieben Jahren. Zurück in Fuzhou gibt es für ihn Umarmungen, das gute scharfe Essen sowie den Regierungsbeschluss vom Ende des Dorfes und damit seines früheren Spielplatzes, eines Kampferbaumwaldes. Er schaut zu, wie die ersten Bäume geschlagen werden. "Ich war schockiert und wollte sofort etwas tun. Nur was genau, wusste ich nicht", erzählt der heute 44-jährige Ma Dadong.

Waldtransport

Die Geschäfte in Schanghai laufen bestens, und so entscheidet er sich, ein für eine Privatperson enormes Unterfangen zu wagen: Er will die 50 Häuser seines Dorfes, alle aus der Ming- und Qing-Dynastie, also rund 400 bis 500 Jahre alt, sowie 10.000 Kampferbäume umsiedeln und dadurch retten. "Ich hatte keine Ahnung, wie viel Geld mich das kosten würde", erzählt er weiter. "Und Botaniker warnten mich, die Bäume würden einen 700 Kilometer langen Transport nicht überleben."

Dadong hat vor den Toren Schanghais Land gekauft und will die Bäume dort wieder einpflanzen: 10.000 Stück, die er dem Staat abkaufen musste. Darunter ein 80 Tonnen schweres Exemplar, 17 Meter hoch und mehr als 1.500 Jahre alt. Der Transport erfordert zunächst den Bau von zehn Brücken und Straßen, jede Fahrt der 100 eingesetzten LKWs dauert mit Ver- und Abladen zwei bis drei Tage. Wider alle Befürchtungen überleben 8.000 der 10.000 Bäume, die in der gleichen Himmelsrichtung eingepflanzt werden wie am alten Standort. Nur für die 50 Ming-Häuser aus Fuzhou hat Dadong zunächst keine Verwendung. Sie werden akribisch auseinandergenommen, die Einzelteile nummeriert und in Lagerhäuser in der Nähe des neuen Kampferbaumwalds gebracht.

Würdigung der Natur

2009 treffen sich in Schanghai zwei Männer, Ma Dadong und Adrian Zecha. Der damalige Inhaber der Aman-Resorts hat von Dadongs spektakulärem Umzug gehört. Und jetzt, neun Jahre später, steht man vor den Toren Schanghais im Amanyangyun-Resort, das Anfang Jänner eröffnet wurde und ein wenig so aussieht wie Dadongs alte Heimat. In der Mitte der Anlage steht der 1.500 Jahre alte Kampferbaum, geschmückt mit einer roten Schleife. Der Resort-Name Yang Yun geht auf eine Gedenktafel des chinesischen Kaisers Qianlong zurück, die er in der Verbotenen Stadt anbringen ließ: Die Yang-Yun-Tafel würdigt die Natur, das Universum und die Bewahrung von Träumen.

Auf dem zehn Hektar großen Areal können Gäste nun in dreizehn antiken Häusern wohnen. In jeder dieser 1.000 Quadratmeter großen Ming-Villen befinden sich vier Suiten, die sich um einen traditionellen Innenhof gruppieren. Außen sind die Gebäude mit alten Reliefs, Ornamenten und Inschriften versehen, die zum Schutz vor Zerstörung während der Kulturrevolution unter einer Lehmschicht versteckt wurden. Auch drei Restaurants gehören zum Areal, darunter eines mit der scharfen Küche aus der Provinz Jiangxi, wie sie Dadong so sehr liebt.

Ming-Residenzen

Eines der schönsten wiederaufgebauten Häuser, Nan Shu Fang, benannt nach dem königlichen Lesepavillon in Pekings Verbotener Stadt, dient als Kulturzentrum des Resorts. In dessen Entree steht ein Tisch aus dem Holz Nanmu gefertigt, wie es die Kaiser der Ming-Dynastie bevorzugten. Sein Wert wird auf 180.000 Euro geschätzt. Klassische Instrumente aus der Ming-Zeit sind zu hören, chinesische Kalligrafie ist zu sehen, und Teezeremonien geben dem Haus den Zauber einer rituellen Stätte. Die Räume des Nan Shu Fang wurden allesamt ohne Nägel oder Klebstoffe gezimmert – genau wie in der Ming-Zeit.

Nun müssen selbst Philanthropen wie Dadong den Return on Investment im Auge behalten. Doch lässt sich dieser trotz hoher Übernachtungspreise um durchschnittlich 1.000 Euro nicht mit dem Hotel alleine realisieren. Das Resort ist für Aman-Verhältnisse mit 76 Suiten zwar groß, aber betriebswirtschaftlich dennoch zu klein für die enorme Investition, deren genaue Summe der Multimillionär für sich behält.

"Raus aus der Stadt"

Also wurden auf dem Areal zusätzlich Ming-Villen für den Verkauf gebaut – mit netten Gadgets wie einer privaten Kunstgalerie, eigenem Spielplatz, Kino oder Weinkeller für 500 Flaschen. 5.861 Quadratmeter hat so eine Residenz – ganze sechs Quadratmeter davon wurden für das Zimmer des Butlers abgezweigt. Ab 2019 stehen sie um einen derzeit noch geschätzten Preis von 15 Millionen Euro zum Verkauf.

Die Hotelzimmer sind bereits auf Wochen ausgebucht, und man darf davon ausgehen, dass auch die Residenzen, die nur 27 Kilometer vor den Toren Schanghais liegen, keine Ladenhüter sein werden. "Raus aus der Stadt" lautet das Motto für die Happy Few der chinesischen Metropole. In einem Radius von drei Autostunden leben hier 300 Millionen Menschen, alleine 25 Millionen von ihnen direkt in Schanghai. Dadong hatte das bei seinem gigantischen Umzug bestimmt im Blick. Und sicherlich hat er für die im Lagerhaus verbliebenen, demontierten Ming-Häuser auch bald eine Verwendung. (RONDO, Jochen Müssig, 26.1.2018)

Die Reise erfolgte auf Einladung von Aman.