Hongkong – Der Fall des in China festgehaltenen Hongkonger Buchhändlers Gui Minhai hat eine überraschende Wende genommen. Vor den Augen von zwei schwedischen Diplomaten sei der 53-Jährige in einem Zug nach Peking von Sicherheitsbeamten in Zivil abgefangen und abgeführt worden, sagte seine in England lebende Tochter der "South China Morning Post".

Der Buchhändler, der die schwedische Staatsbürgerschaft besitzt, habe am Samstag zu einer medizinischen Untersuchung in Schwedens Botschaft fahren wollen. Aus Protest wurde der chinesische Botschafter ins schwedische Außenministerium zitiert. "Die Lage hat sich seit Samstagfrüh verschlechtert, und wir arbeiten rund um die Uhr an dieser Sache", sagte Außenministerin Margot Wallstrom vom EU-Außenministertreffen in Brüssel dem schwedischen Radio.

Im Urlaub in Thailand verschwunden

Nach Absitzen einer Haftstrafe in China wird Gui Minhai nach Angaben seiner Tochter an der Ausreise gehindert. Er wurde im Oktober entlassen und lebte seither in Ningbo in einer Form von Hausarrest. Gui Minhai ist einer von fünf Buchhändlern, die in Hongkong politisch heikle Bücher über China herausgegeben hatten und 2015 verschwunden waren. Alle fünf tauchten in China auf. Bis auf Gui Minhai sind alle wieder auf freiem Fuß. Drei von ihnen schweigen über die Vorfälle.

Gui Minhai war im Oktober 2015 im Urlaub in Thailand verschwunden. Seine Familie vermutet, dass er von chinesischen Agenten verschleppt wurde. In Chinas Staatsfernsehen tauchte Gui Minhai schließlich mit einem Geständnis auf: Er habe vor mehr als zehn Jahren in China Fahrerflucht mit Todesfolge begangen und wolle seine Strafe antreten.

Das Verschwinden der Buchhändler hatte unter den sieben Millionen Hongkongern große Sorgen über Meinungsfreiheit und Rechtssicherheit ausgelöst. Seit der Rückgabe der ehemals britischen Kronkolonie 1997 an China wird Hongkong nach dem Grundsatz "ein Land, zwei Systeme" autonom regiert. (APA, dpa, 23.1.2018)