Erich Foglar dürfte Wolfgang Katzian (rechts) an der Spitze des ÖGB Platz machen.

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Die Funktion des Chefs der sozialdemokratischen Gewerkschafter könnte an Roman Hebenstreit gehen.

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Bei der Nachfolge von Rudolf Kaske als Arbeiterkammer-Präsident deutet alles auf Renate Anderl hin.

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Wien – Wird in der Gewerkschaft über Spitzenpositionen entschieden, dann geht es immer auch um die heikle Machtbalance zwischen den einzelnen (und mächtigen) Teilgewerkschaften, um alte Rechnungen – und natürlich um Befindlichkeiten. Aktuell stehen wieder wichtige Personalentscheidungen an, und auch wenn offiziell noch gar nichts entschieden ist, dürften die einflussreichsten Gewerkschafter intern bereits die Weichen gestellt haben. Ein Überblick.

Der 62-jährige ÖGB-Boss Erich Foglar, der lange mit einem neuerlichen Antreten beim Bundeskongress im Juni kokettiert hat, dürfte dem nur ein Jahr jüngeren Chef der Gewerkschaft der Privatangestellten (GPA), Wolfgang Katzian, Platz machen. In der Arbeiterkammer wird es aller Voraussicht nach zum zweiten Mal in der Geschichte eine Frau an der Spitze geben: Renate Anderl (55) gilt als heiße Favoritin auf die Nachfolge von Rudolf Kaske, der im April aus privaten Gründen sein Präsidentenamt niederlegen wird.

"Das pickt"

Der "Kurier", der am Wochenende als Erster über die Vorentscheidungen berichtete, hat am Montag zwar für einige hektische Beratungen gesorgt, die meisten roten Gewerkschafter erwarten aber, dass sich nichts mehr ändern wird. "Ich gehe davon aus, dass das pickt", sagt ein Gewerkschafter, der nicht namentlich genannt werden will.

Ob die finalen Entscheidungen bereits am Freitag bei einer Sitzung der Vorsitzenden der Teilgewerkschaften formal gefällt werden oder doch noch die eine oder andere Woche weitergefeilscht wird, war am Montag noch nicht ganz klar. Das liegt zum einen daran, dass mit dem Aufstieg Katzians und Anderls weitere Rochaden ausgelöst werden, und zum anderen an organisatorischen Reformen, über die parallel diskutiert wird.

Teiber könnte auf Katzian folgen

Zunächst zu den Rochaden: Als Nachfolgerin Katzians in der GPA wird Barbara Teiber gehandelt. Die 40-Jährige ist derzeit GPA-Regionalgeschäftsführerin in Wien und wäre laut informierten Kreisen die erste Wahl des aktuellen GPA-Chefs. Als ÖGB-Präsident würde Katzian allerdings auch die Funktion des Chefs der sozialdemokratischen Gewerkschafter (FSG) zurücklegen.

Für diesen Posten hat intern Roman Hebenstreit Interesse angemeldet. Dem Vorsitzenden der Teilgewerkschaft Vida werden auch die größten Chancen eingeräumt, noch nicht aus dem Rennen sein sollen aber auch Rainer Wimmer (Metaller) und Josef Muchitsch (Bau-Holz).

Nicht mehrheitsfähig

Hebenstreit und Muchitsch waren auch als Kandidaten für die ÖGB-Spitze gehandelt worden, waren letztlich aber beide nicht mehrheitsfähig. Hebenstreit, in der ÖBB groß geworden, gilt als zu ungestüm, Muchitsch wiederum, der keine Berührungsängste mit der FPÖ hat, stieß beim linken Flügel auf Widerstand. Blieb also letztlich Katzian als klassischer Kompromisskandidat.

Wie immer bei großen personellen Änderungen steht aber auch die Organisation auf dem Prüfstand. Katzian soll schon länger mit der Aufgabenverteilung zwischen ÖGB und den Teilgewerkschaften unzufrieden sein. Als ein Beispiel wird genannt, dass derzeit mehrere Gewerkschaften für den Gesundheitsbereich zuständig sind. Ein anderes Thema, das seit Jahren diskutiert wird: Sollte nicht pro Unternehmen nur eine Gewerkschaft zuständig sein? Aktuell ist das nicht immer der Fall.

Frauenchefin rückt auf

Für die Spitze der Arbeiterkammer präferieren die roten Gewerkschafter (sie sind dort die mit Abstand größte Fraktion) klar Renate Anderl. Sie ist ein gewerkschaftliches Urgestein, war zuletzt ÖGB-Vizepräsidentin und Frauenvorsitzende.

Interesse an diesem Posten wurde auch dem Leitenden ÖGB-Sekretär Bernhard Achitz nachgesagt. Er ist fachlich unumstritten, hat aber intern nicht nur Freunde. Vor allem aus den Landesorganisationen soll Widerstand gekommen sein, heißt es.

Motivation, jemanden zu verhindern

Bei Verhandlungen sei Achitz der Wirtschaftskammer immer wieder zu weit entgegengekommen, lautet ein Vorwurf. Auch mit seinem Agieren im Vorjahr beim Thema Arbeitszeitflexibilisierung waren viele nicht einverstanden, auch wenn ein Deal letztlich an WKO-Präsident Christoph Leitl gescheitert ist. "Bei manchen ist die Motivation, jemanden zu verhindern, stärker ausgeprägt, als jemanden zu ermöglichen", fasst das ein Gewerkschafter zusammen.

Davon profitieren dürfte Anderl. Sie wäre nach Lore Hostasch (1994 bis 1997) erst die zweite AK-Präsidentin. (Günther Oswald, 22.1.2018)