Auf dem Marktplatz von Calais befindet sich seit vergangenem Sommer ein berührendes Denkmal. Groß und schlank steht dort der Gründer der Fünften Republik, General Charles de Gaulle, neben einem kleineren und runderen Engländer: Premierminister Winston Churchill. Beide tragen ihre Uniformen, gefeiert wird die Waffenbrüderschaft im Zweiten Weltkrieg.

Ob Theresa May von einer ähnlichen Statue träumt? Bei Emmanuel Macrons Großbritannien-Besuch diese Woche machte sie dem Präsidenten jedenfalls allerlei Zugeständnisse. Frankreich erhält 50 Millionen Euro für die Betreuung und Erfassung jener Migranten, die in der Region Calais nach einem Weg auf die Insel suchen. Die Premierministerin will mehr minderjährige Flüchtlinge aufnehmen als bisher. Zudem bekommt Frankreichs Antiterroreinsatz in Mali Hilfe von britischen Hubschraubern. Außenminister Boris Johnson will gar den Ärmelkanal überbrücken.

Großbritannien ist an einer möglichst engen Beziehung zu den Partnern auf dem Kontinent interessiert, um die negativen Brexit-Folgen abzumildern. Jahrzehntelang setzten britische Diplomaten alles daran, einen Keil zwischen die deutsch-französische Partnerschaft in der EU zu treiben oder diese wenigstens zu einem Dreieck zu vergrößern. Mit dem Einfluss in Brüssel ist es nun vorbei, und Berlin beschäftigt sich bis auf weiteres vor allem mit sich selbst.

Bleibt Paris. In Brexit-Zeiten ist zwar viel vom globalen Britannien die Rede, aber in London hat man sich genug Pragmatismus bewahrt, um zu wissen: Die Partnerschaft zum nächsten Nachbarn hat allemal mehr Bedeutung als die neuerdings ins Spiel gebrachte Zugehörigkeit zur pazifischen Handelsgemeinschaft. Die beiden Nationen sind an Bevölkerungszahl, Wirtschaftskraft und weltweitem Anspruch ebenbürtig, beide besitzen Atomwaffen, beide pochen auf ihr Vetorecht im UN-Sicherheitsrat.

Die Verhandlungen über die zukünftigen Handelsbeziehungen zur EU versprechen hart, womöglich auch bitter zu werden. In der Frage des Zugangs zum Binnenmarkt gab sich Macron jedenfalls knallhart. Da schadet es nicht, auf die Gemeinsamkeiten hinzuweisen: das gewaltige Handelsvolumen, die enge Zusammenarbeit der Geheimdienste im Kampf gegen den islamistischen Terrorismus, die gegenseitige Unterstützung bei weltweiten Militäreinsätzen. Dass man dem Duo May/Macron in Zukunft Denkmäler bauen wird, darf dennoch als unwahrscheinlich gelten. (Sebastian Borger, 19.1.2018)