Ein Könner im Kosmos der Alten Musik: Gambist und Dirigent Jordi Savall eröffnet mit dem Ensemble Hespèrion XXI das Resonanzen-Festival, das Europa zum Thema hat.

Foto: Imago / Piero Chiussi

Wien – Betritt einer das Wiener Konzerthaus an jenem Tag, da das Resonanzen-Festival startet, erlebt er im Foyer reges Treiben. Es geht noch festlicher zu, als es sonst immer der Fall ist, und der Grund ist die Ausstellung "Historischer Instrumentenbau".

Da begrüßen Klangerzeuger, die an ferne Zeiten der Musikgeschichte erinnern; wobei zur Spezialität dieser instrumentalen Schau gehört, Besuchern die Möglichkeit zu geben, selbst den Sound der Instrumente zu erproben. Diese Selbstspielerfahrung ist Samstag und Sonntag zu machen, bevor es zu Profis wie Jordi Savall geht. Ebendieser spanische Gambist und Dirigent eröffnet das Festival der Alten Musik, das bis 28. Jänner (unter dem Motto "Eurovisionen") Fragen zur europäischen Geschichte und Identität stellt.

Dabei wird Savall mit seinem Ensemble Hespèrion XXI an den Renaissance-Menschen Erasmus von Rotterdam erinnern, einen Vordenker des Pazifismus. Nebst Texten der Porträtierten erklingt Musik u. a. von Guillaume Dufay, Josquin Desprez, Heinrich Isaac und Hans Leo Haßler.

Phänomen Mehrstimmigkeit

Daneben geht es dem Festival um das Phänomen Mehrstimmigkeit – als Symbol eines friedvollen Miteinanders. Paul Van Nevels Huelgas präsentiert einige Jahrhunderte europäischer Mehrstimmigkeit, die ja auch das Amouröse beinhalten. Erst André Campras L'Europe galante (1697) thematisiert dann aber explizit europäische Beziehungsgeschichten (22. 1.).

Auch um den antiken Gründungsmythos Europas geht es: Flötist Conrad Steinmann und das Ensemble Melpomen nehmen mit auf eine Reise bis ins Jahr 600 v. Chr. (24. 1.). Zum Festivalfinale erschallt quasi der Vielvölkerstaat der Habsburger. Das Collegium 1704 lässt Musik des 18. Jahrhunderts aus den damaligen Residenzen Prag, Wien, Dresden und Neapel erklingen (28. 1.).

Zum Aufwärmen: Vor Konzertbeginn gibt es immer Vorspiele, bei denen Kurzfilme von 25 Regisseuren nach einer Idee von Lars von Trier im Sinne "Europäischer Visionen" gezeigt werden. (Ljubisa Tosic, 19.1.2018)