Die Herzen der Touristiker schlagen angesichts der guten Schneelage in diesem Winter hoch, ein neuer Nächtigungsrekord scheint in Reichweite. Doch die Branche plagen viele Sorgen. Die Regierung soll helfen.

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Wien – Alfred Gusenbauer (SPÖ) war der letzte Bundeskanzler, der den österreichischen Hoteliers bei deren Kongress seine Aufwartung machte. Das war 2006, in Saalfelden. Für den Tourismus war damals Wirtschaftsminister Martin Bartenstein (ÖVP) zuständig, der mit den Hoteliers aber nie sonderlich warm wurde.

Der Forderung der Hoteliervereinigung (ÖHV) nach einem Tourismus-Masterplan erteilte er genauso eine Absage, wie er die von Gusenbauer damals lancierte Idee eines eigenen Tourismusministeriums schlicht für schlecht befand. Wie sich doch die Zeiten geändert haben.

Zwölf Jahre später ist es ein von der ÖVP gestellter Bundeskanzler, der sich für eine Tourismusstrategie einsetzt. Und es ist die türkis-blaue Regierung unter Sebastian Kurz, die erstmals ein Ministerium geschaffen hat, das Tourismus auch im Namen trägt. Und selbstredend war Kanzler Kurz auch bei der Eröffnung des ÖHV-Kongresses dabei – nicht zu seinem Schaden. Selten gab es von Hoteliersseite so viele Vorschusslorbeeren für eine Regierung wie für die kurz vor Weihnachten angelobte.

Einiges liegt im Argen

Dabei liegt vieles in der Branche im Argen, auch wenn ein flüchtiger Blick auf die Zahlen anderes vermuten ließe. Tausende neue Arbeitsplätze, ein Nächtigungsrekord nach dem anderen und laut Arbeitsklimaindex eine zwar langsam, aber doch sich verbessernde Bewertung der Arbeitssituation im Tourismus.

Andererseits gibt es in immer kürzeren Abständen den Aufschrei aus der Branche, dass insbesondere in den Tourismushochburgen Westösterreichs zunehmend Köche und anderes qualifiziertes Personal fehlten. Gewerkschaftsvertreter kontern, die Hoteliers müssten nur genügend zahlen und für attraktivere Arbeitsbedingungen sorgen, dann löse sich das Problem ganz von allein.

Laut einer vom Wirtschaftsforschungsinstitut (Wifo) im Auftrag der ÖHV erstellten Studie ist das Problem aber komplexer. Kernaussage: Die Arbeitskosten im österreichischen Tourismus sind seit der Finanzkrise 2008 deutlich stärker gestiegen als in anderen europäischen Ländern. Während die Arbeitskosten im EU-Durchschnitt um 1,8 Prozent pro Jahr gestiegen sind, sind die Arbeitskosten in Österreichs Tourismus zwischen 2008 und 2016 um jährlich 5,6 Prozent im Schnitt gestiegen. In der Vergleichsrechnung seien sämtliche Kostenpositionen inklusive Ausbildung berücksichtigt, führte Studienautor Oliver Fritz vom Wifo aus.

Nagelprobe

"Bei den Mitarbeitern kommt aber viel weniger an", wird ÖHV-Präsidentin Michaela Reitterer nicht müde zu betonen. Sie und andere Mitgliedsbetriebe der ÖHV, die in Summe rund 1400 Hotels der Vier- und Fünf-Sterne-Kategorie vertritt, wollen jedenfalls am "Tag der offenen Hoteltür" festhalten. Die dritte Auflage dieser Aktion, bei der jungen Leuten Lust auf einen Hoteljob gemacht werden soll, gibt es am 12. Oktober. Im Vorjahr haben sich österreichweit knapp 200 Betriebe daran beteiligt, die Resonanz sei gut gewesen, sagt Reitterer. Darüber hinaus müsse aber der Staat helfen, etwa durch Verschärfung der Zumutbarkeitsbestimmungen.

Wirtschaftsministerin Margarete Schramböck (ÖVP) hat am Wochenende im STANDARD-Interview gemeint, junge Arbeitslose ohne familiäre Verpflichtungen sollten für einen Job auch umziehen müssen. Tatsache ist, dass arbeitslos gemeldete Personen schon jetzt eine Arbeitsstelle in einem anderen Bundesland annehmen müssen, wenn der Arbeitgeber ein Quartier zur Verfügung stellt.

Weniger Mehrwertsteuer

Kanzler Kurz und Elisabeth Köstinger (VP), die sich am Dienstag den Hoteliers beim ÖHV-Kongress in Wien als Tourismusministerin vorgestellt hat, haben das und mehr den versammelten Hoteliers versprochen, darunter die Rückführung des Mehrwertsteuersatzes auf Logis von 13 auf zehn Prozent. Dabei geht es um etwa 200 Millionen Euro, auf die der Finanzminister verzichten muss. Ein Grund, warum die versprochene Senkung nicht im Sommer, sondern frühestens im November kommen soll, sei fehlendes Geld in der Staatskasse, hört man.

Die Nagelprobe für die Regierung kommt spätestens in einem Jahr. Bis dahin muss Türkis-Blau liefern, andernfalls dürfte der Empfang beim nächsten ÖHV-Kongress sehr viel weniger herzlich ausfallen als in diesem Jahr. (Günther Strobl, 16.1.2018)