Peter Pilz' Nationalratsmandat sorgt weiter für Debatten.

PRO: Seine Wähler, sein Mandat

von Michael Völker

Mehr als 220.000 Wähler haben dazu beigetragen, dass die Liste Pilz im Nationalrat vertreten ist. Diese Menschen haben Peter Pilz ihre Stimme gegeben, nicht seiner Liste. Die Abgeordneten in allen Ehren, aber kaum jemand kannte sie – und kennt sie. Der Erfolg des politischen Experiments steht und fällt mit Pilz. Vieles ist schon gefallen, der Erfolg ist deutlich angekratzt. Aber eine Mehrheit seiner Wähler (wie wahrscheinlich auch Wählerinnen) und die Abgeordneten seiner Liste wünschen sich Pilz im Parlament – trotz der Vorwürfe der sexuellen Belästigung, die gegen ihn erhoben worden sind.

Einem Umstand in dieser Diskussion muss man sich stellen: Die Vorwürfe werden wohl nie von einer unabhängigen Stelle geklärt werden. Sie sind nicht gerichtsanhängig. Man kann Pilz glauben oder nicht, man kann Verschwörungstheorien verfechten oder von Vorverurteilung und Medienjustiz sprechen – eine für alle Seiten befriedigende Aufklärung wird es nicht geben.

Wenn seine Mitstreiter und -streiterinnen dafür sind, dass Pilz ein Mandat im Nationalrat erhält, und jemand bereit ist, ihm dieses zu überlassen, dann soll es so sein, dann sollen er und seine Liste nach den politischen Konzepten beurteilt werden. Voraussetzung dafür wäre, dass Pilz zu den Vorwürfen noch die richtigen Worte findet, um seine Glaubwürdigkeit ansatzweise wiederherzustellen. Das, so muss man auch dazusagen, ist ihm bisher nicht gelungen. (Michael Völker, 15.1.2018)

KONTRA: Glaubwürdigkeitsbauchfleck

von Günther Oswald

Das Comeback von Peter Pilz ist eine Verhöhnung aller Wähler. Selbst Jörg Haider hat zu seinen schlechtesten Bin-weg-bin-wieder-da-Zeiten keinen derartigen Glaubwürdigkeitsbauchfleck hingelegt wie der selbsternannte Aufdecker der Nation. Am Sachverhalt hat sich seit dem Rücktritt im November nichts geändert. Es steht zweifache sexuelle Belästigung im Raum. Für die zweite, die sich in Alpbach zugetragen haben soll, gibt es zwei Zeugen. Pilz war derart betrunken, dass er sich an nichts mehr erinnern konnte. Im alten Jahr schlussfolgerte er richtigerweise: "Persönliche Erinnerungslosigkeit ist keine Entschuldigung."

Einen längeren Weihnachtsurlaub später ist von Einsicht keine Spur mehr. Pilz hofft, dass das Wahlvolk ein noch schlechteres Gedächtnis hat als er nach drei Flaschen Rotwein. Seine Unterstützer wenden nun ein: Es gebe doch keine gerichtliche Verurteilung. Das ist zwar ein Argument – für die Politik, in der andere Maßstäbe gelten sollten, aber ein denkbar schlechtes. Geht es um die Eurofighter oder sonst einen vermeintlichen Skandal, kann der Ex-Grüne die politische Verantwortung nicht weit genug auslegen. Geht es um ihn, gelten offenbar andere Spielregeln.

Wer gehofft hatte, die Me-Too-Debatte würde zu mehr Bewusstsein führen, wird nun bitter enttäuscht. Die Botschaft der Liste Pilz ist klar: Wir predigen Wasser, trinken aber viel lieber Wein – gerne auch in Übermaßen. (Günther Oswald, 15.1.2018)