Bulgariens Außenministerin hofft darauf, im Konflikt zwischen Polen und Brüssel vermitteln zu können.

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Die Einleitung eines Verfahrens gegen Polen zum Entzug der Stimmrechte in EU-Ministerräten wegen anhaltenden und "systemischen" Bruchs der Rechtsstaatlichkeit könnte beendet werden, noch bevor die dafür zuständigen EU-Staaten überhaupt eine Entscheidung treffen. Das machte die bulgarische Außenministerin Ekaterina Sachariewa am Freitag am Rande eines Arbeitstreffens der Regierung in Sofia mit der EU-Kommission deutlich.

"Wir sind erst ganz am Anfang eines Prozesses", so Sachariewa. Nach dem ersten Schritt zur Einleitung des Artikel-7-Verfahrens durch die EU-Kommission kurz vor Weihnachten "werden wir im nächsten Außenministerrat im Februar erst einmal anhören, was die polnische Regierung dazu sagt".

Bulgarien führt in den nächsten sechs Monaten den EU-Vorsitz. Sachariewa, die das Dossier abzuwickeln hat, machte kein Hehl aus ihrer "Hoffnung", dass es zu einer Entscheidung über den Stimmrechtsentzug für Polen gar nicht erst kommt: "Am besten wäre, wir stimmen gar nicht mehr ab."

Treffen mit neuem Premier

Nach Informationen des STANDARD mehren sich die Versuche der EU-Mitgliedstaaten, auf die Regierung in Warschau einzuwirken – ebenso wie auf die EU-Kommission und deren Präsidenten Jean-Claude Juncker – ab jetzt positiv und "konstruktiv" aufeinander zuzugehen, um gemeinsam einen Weg aus der Konfrontation zu finden. Anlass für das Verfahren sind Gesetze in Polen, die den Zugriff der Regierung auf die unabhängige Gerichtsbarkeit erlauben.

Anfang der Woche hatte Juncker Premier Mateusz Morawiecki in Brüssel zu Gast, mit dem er und der Kommissar für Grundrechtsfragen, Frans Timmermans, den Konflikt stundenlang erörterten. Ob Morawiecki von der kompromisslosen Haltung seiner Vorgängerin Beata Szydło abgeht, scheint laut in die Gespräche involvierter Personen noch unsicher. Polens Premier wird Anfang Februar erneut in Brüssel erwartet. (Thomas Mayer aus Sofia, 12.1.2018)