Das Treffen war auch der Versuch, alle Seiten davon zu überzeugen, dass der mächtigste Mann der Welt sehr wohl in der mentalen Verfassung ist, sein Land zu führen. Es ist die unrühmliche Frage, die den US-Präsidenten seit seinem Amtsantritt beschäftigt und die seit den vorab veröffentlichten Passagen aus dem Enthüllungsbuch "Fire and Fury" erneut im Raum steht.

Dem Vorwurf, dass Donald Trump die geistige Eignung fehle, wollte dieser entgegentreten, als er am Dienstag die Spitzen beider Parteien empfing, um eine neue gesetzliche Regelung für die "Dreamers" zu finden – jene 700.000 in den USA lebenden Migranten, die einst als Kinder illegal ins Land gekommen sind. Doch während Trump mit betonter Zurückhaltung versuchte, die Zweifel an seiner Amtsfähigkeit aus der Welt zu schaffen, warf er eher noch mehr auf: Wie in aller Welt soll dieses Regelwerk, das er "Gesetz der Liebe" nennt, aussehen?

Wohlüberlegt erschien sein Auftritt jedenfalls nicht. Nach der konfusen Sitzung bleibt unklar, wie der Präsident nun zu den "Dreamers" steht. Den Demokraten kam er streckenweise entgegen. Kurz danach folgte ein Urteil, das Trumps ursprüngliche Pläne durchkreuzte, den "Dreamers" den Schutzstatus zu entziehen. Das Thema ist emotional aufgeladen, auch Barack Obama und George W. Bush haben sich daran die Zähne ausgebissen. Trumps scharfe Rhetorik steht immer noch im Gegensatz zu seinem tatsächlichen Handeln.

Das hat ihm schon einmal geschadet. Seine rechte Basis ging im Sommer auf die Barrikaden, als er den Demokraten Kooperationsbereitschaft signalisierte. Auch diesmal warnte die rechtskonservative Publizistin Ann Coulter, die "Dreamers"-Frage berge größere Sprengkraft als Steve Bannons Tiraden in "Fire and Fury". Den Streit mit Bannon mag Trump gewonnen haben, nachdem Bannon nun auch die Plattform fehlt. Jener um die Kernwähler ist noch offen. (Anna Giulia Fink, 10.1.2018)