Oxford – Was erwarten 194 digitaler Medienmacher und Medienmanager aus aller Welt, darunter 35 Chefredakteure, 22 CEOs und 22 Digitalchefs führender Medienhäuser, vom Jahr 2018? Das Reuters Institute für Journalismusstudien hat ihre Prognosen in einem 46seitigen Bericht zusammengefasst und gerade online gestellt. Ein rascher erster Blick auf "Journalism, Media and Technology – Trends and Predictions 2018":

1. Facebook, Google und Co

Das Verhältnis der Medien zu den großen, auch die Digitalwerbung dominierenden Plattformen wie insbesondere Facebook, aber auch Google wird jedenfalls nicht einfacher, konstatiert Studienautor Nic Newman. Fast die Hälfte der Befragten – 44 Prozent – zeigt sich über Macht und Einfluss der Plattformen besorgter als vor einem Jahr. Facebook und Snapchat würden kritischer gesehen als Twitter und Google.

Bei Facebook dürfte das Maßnahmen zu Ungunsten von Medien und Medieninhalten zuzuschreiben sein – etwa der Verlagerung von Medieninhalten in einen zusätzlichen Explore-Feed in einigen Märkten. In der Slowakei hat das die Interaktionen mit Inhalten großer Newsseiten von einem Tag auf den anderen auf einen Bruchteil reduziert.

Facebook und Google werden regelmäßig mit Zensurvorwürfen konfrontiert – weil sie Strafen vorbeugend Inhalte löschen oder blockieren. "Desinformation, Propaganda und Missbrauch fordern die Plattformbetreiber, die ihr Versprechen maximaler Meinungsfreiheit mit dem Schutz vor schädlichen Inhalten austarieren müssen", schreibt Newman: "Erstmals mussten hier Techniker die Konsequenzen ihrer Werke realisieren – und dass Technologie allein das Problem nicht lösen kann." Newman stimmt ein auf eine Unmenge gezielter neuer Prozesse und lernender Algorithmen, um die verschiedensten Arten von Missbrauch zu identifizieren und Moderatoren darauf aufmerksam zu machen. Aber auch mit ihrem "Maximum an Technologie können sie das Problem nicht lösen", schreibt Newman.

Ebenso absehbar aber Technologien für noch täuschendere Fake News, schreibt Newman – und verweist auf ein Projekt der Universität Washington, die Videosequenzen von Reden Barack Obamas kreierte, die er so nicht gehalten hat.

2. Registrieren – und zahlen

Medienunternehmen versuchten zunehmend, ihre Userinnen und User zum Registrieren zu bewegen, insbesondere, um sie gezielter mit jenen Inhalten und Nachrichten zu versorgen, die sie besonders interessieren – wie die BBC mit ihrem iPlayer (TVthek).

44 Prozent der befragten Medienmacher und -manager sehen Abonnements für digitale Inhalte als sehr wichtige Finanzierungsquelle, mehr als digitale Werbung (38 Prozent) und gesponserte Inhalte (39 Prozent)

3. Roboter und Algorithmen

72 Prozent der Befragten wollen mit Künstlicher Intelligenz experimentieren. Meistgenanntes Ziel: bessere Inhaltsempfehlungen für Userinnen und User. Artificial Intelligence soll aber auch helfen Inhalte effizienter zu generieren. Newman verweist auf ein Programm der britischen Agentur PA, das Daten öffentlicher Stellen nach einem von Journalisten vorgegebenen Muster für unterschiedliche Regionen zu Artikeln auswertet.

Künstliche Intelligenz hilft etwa auch bei der Foren-Moderation.

4. Mehr Hören als Sehen

58 Prozent wollen sich Angeboten für Lauschsprecher wie Amazon Echo widmen; ebensoviele wollen sich auf Podcasts konzentrieren.

Sinkende Begeisterung ortet Studienautor Newman bei einzelnen Verlagen für Videoangebote – und dort einen Trend "zurück zum Text". Das könnte auch an unerfüllten Erwartungen in Video-Umsätze auf Facebook liegen. Facebook entwickle sich zum Medienunternehmen – mit Plänen für eigenen TV-Content und Sportrechte.

5. Erfolgsrisiken: Plattformen, interner Widerstand, falsche Strategie

Welche Faktoren sehen die Befragten als größte Risiken für den Erfolg ihrer Strategien 2018? Die Medienmanager sehen hier wesentliche Faktoren im eigenen Unternehmen: Neben den Plattformen machen sie sich und ihre Unternehmen für ihre Schwierigkeiten verantwortlich, fasst Newman zusammen: "Die größten Hindernisse auf dem Weg zum Erfolg, sagen sie seien nicht die digitalen Plattformen, sondern interne Faktoren wie Widerstand gegen Wandel und Unfähigkeit zur Innovation."

Die Umfrageergebnisse dazu im Detail zeigen, dass die 36 Prozent sich aus zwei Antworten zusammensetzen:

21 Prozent nennen hier als Risiko digitalen Plattformen. Auf Platz zwei mit 20 Prozent direkt dahinter die "Unfähigkeit zur Innovation" (durch Bereitschaft, Abläufe, Fähigkeiten) in der eigenen Organisation als erster interner Faktor. Platz drei: Veränderungen des wirtschaftlichen Umfeldes (19 Prozent). Auf vier (hier übrigens nicht als interner Faktor eingestuft) "falsche oder unklare Strategie (18 Prozent). Mit 17 Prozent, wieder als interner Faktor: "interner Widerstand gegen Veränderung". Sechs Prozent nennen politische Instabilität als Erfolgsrisiko.

Die Studie des Reuters Institute wurde von der Digital News Initiative von Google gefördert. (fid, 10.1.2018)