Vom unscheinbaren Aufkleber im Eingangsbereich über Bekenntnisse in sozialen Netzwerken und Spendenaktionen, Stammtische für bestimmte politische Bewegungen bis zum Lokalverweis: Viele Lokale wollen für ihre Gäste nicht nur ein zweites Wohnzimmer sein, sondern auch klarmachen, wofür sie politisch stehen und welche Klientel sie anziehen möchten.

Meist ist es allerdings die Empörung, die überbleibt, wenn sich Gasthäuser oder Bars politisch positionieren – ob rechts oder links. Das wird an zwei aktuellen Beispielen deutlich:

Die Polizei ist sicherheitshalber vor Ort – heute wollten einige Menschen gegen eine JVP-Veranstaltung im als linksliberal bekannten Kino Schikaneder demonstrieren.
Foto: Maria von Usslar

Das Wiener Kino Schikaneder gilt zusammen mit seiner Schwester, dem Top-Kino, als Treffpunkt der linksliberalen Kunst- und Kulturszene. Unter dem Motto "Freiraum zurück" sollte eine Gegenveranstaltung vor den Türen des Kinos stattfinden, die allerdings wegen "angeblicher Formalitätsfehler" von der Polizei untersagt wurde, wie es auf der Seite der Veranstalter heißt.

Im Gespräch mit dem STANDARD sagt Geschäftsführer Johannes Wegenstein kurz vor der abgesagten Demonstration, dass er die Aufregung teilweise verstehe, man den Mitgliedern der Jungen ÖVP aber eine Chance geben sollte, sich in der demokratischen Welt zu verorten, ohne gleich als Nazis abgestempelt zu werden:

DER STANDARD

Die Wiener Bar Parfümerie stellte auf Facebook klar, dass kein Platz für faschistische, homophobe, sexistische und rassistische Gäste sei – inklusive passender Hashtags. Die Reaktionen auf Facebook waren zwar großteils positiv, dass das Lokal zu keiner aktuellen Stellungnahme bereit ist und der Beitrag mittlerweile wieder gelöscht wurde, weist allerdings darauf hin, dass auch in diesem Fall heftige Reaktionen gekommen sein dürften. Hinweise darauf sind auch neue und äußerst negative Bewertungen auf Google.

An FPÖ-Wähler: Weitergehen

Mit dem Start der blau-schwarzen Regierung gibt es momentan wieder Nährboden für Polarisierung und Positionierung. Zuletzt war es während der Bundespräsidentschaftswahlen bereits zu ähnlichen Fällen gekommen.

Etwa als die Inhaberin des Cafés Fett und Zucker beschloss, ein bestimmtes Schild vor die Eingangstür zu stellen. "Wenn du bei diesen 35 Prozent dabei bist, geh doch BITTE einfach weiter. Danke", war darauf zu lesen – ein Foto davon auch auf Facebook zu sehen. Nachdem nicht nur Drohanrufe, sondern auch Gäste kamen, die das Klo verunreinigten, ruderte Eva-Maria Trimmel zurück und löschte das entsprechende Posting. Natürlich zog die Positionierung aber auch solidarische Neukunden an. Dennoch: Medien sagte Trimmel damals, sie hätte das nicht schreiben sollen.

Dieser Aufkleber der SJ Wien klebt auf den Eingangstüren vieler Lokale.
Foto: Maria von Usslar

Unterschiedlichste Reaktionen von Kunden

Die politischen Bekenntnisse werden in den Kommentaren auf Facebook und auch hier im STANDARD-Forum ganz unterschiedlich diskutiert. Viele bedanken sich für die klare Haltung gegen Rassismus und Ausgrenzung. Kritiker vermuten eine PR-Kampagne oder ziehen Vergleiche zur NS-Zeit: "Sowas gabs schon mal. Kauft nicht bei Juden. Ihr seids Trotteln der ersten Klasse. Meinungsfreiheit ist ein Grundpfeiler der Demokratie. Der Boomerang wird euch no Kopfweh bereiten", schreibt etwa ein User auf Facebook.

Andere heben hervor, dass es legitim ist, sich gegen Politik zu positionieren, die sich gegen die eigenen Anliegen und Einstellungen richtet.

In diese Richtung ging auch die Argumentation des Club X-Betreibers Sammy Zayed, der den Rausschmiss von Johann Gudenus – nun Klubobmann der FPÖ im Parlament – vor einem Jahr so begründete: "Ich bin Österreicher mit Migrationshintergrund. Der Club steht für Weltoffenheit und Respekt. In diesem Wertekonstrukt geht sich der Herr Gudenus nicht aus." Zwei Jahre zuvor wurde auch der jetzige Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) hinausgebeten.

Damals habe man aber aus einer bestimmten Situation heraus Gudenus den Service verweigert, stellt der Inhaber des Club X, Martin Ho, heute klar. Strategisch mache es jetzt keinen Sinn, wenn man rund 60 Prozent des Gesamtpublikums ausschließe. "Deswegen konzentrieren wir uns auf Qualität und Wohlfühlfaktor statt auf Farbenspiele."

Techno für Van der Bellen

Noch früher, nämlich 2013, sorgte der Club Grelle Forelle für Schlagzeilen, weil am Sonntag der Nationalratswahl auf Facebook zu lesen war: "Die Grelle Forelle hat keinen Platz für FPÖ-Wähler." Mit den zahlreichen emotionalen Reaktionen habe er nicht gerechnet, sagte der Geschäftsführer des Clubs damals. Damit, dass sich "die, die andere diskriminieren, diskriminiert fühlen", könne er leben.

Wie man diese politische Gesinnung an der Tür erkennt und dahingehend entscheidet? "Gar nicht. Es geht um die Message", sagen die Betreiber heute. Die Grelle Forelle will weiterhin als Club bekannt bleiben, der sich gegen Intoleranz und Hetze gegen Minderheiten stellt. Und dazu zähle man nach wie vor das FPÖ-Milieu. Auch die Grelle Forelle habe damals Drohungen erhalten, sich aber nicht davon beeinflussen lassen.

Plakat der Initiative "Mehr Bass weniger Hass" von Kultur for President.
Foto: www.kulturforpresident.org

Der Club zählt zu den Unterstützern der Initiative "Mehr Bass weniger Hass", die im Präsidentschaftswahlkampf nicht nur Techno-Raves für Alexander Van der Bellen veranstaltete. Sie stellt auch heute noch verschiedene Sujets auf Postern und Flyern für Lokale zur Verfügung, die damit die eigene und die gewünschte politische Gesinnung plakatieren können.

Nicht nur um ein Statement, sondern um eine konkrete Aktion und Geld ging es den Betreibern von mehr als 100 Wiener Lokalen, die sich im September 2015 bei der Aktion Lokale Hilfe Wien beteiligten. Eine Nacht lang wurde die Hälfte des Umsatzes für Flüchtlinge gespendet, viele Mitarbeiter verzichteten zudem auf ihr Gehalt. Mehr als 100.000 Euro sind damals zusammengekommen.

Zwischen Nazikonzert und Identitären-Stammtisch

Natürlich gibt es auch eine Vielzahl an Lokalen, die sich auf der anderen politischen Seite – nämlich rechts – verorten. Das Simmeringer Lokal Schmankerl Spitz gilt etwa als Stammlokal der Identitären in Wien. Das Gasthaus dürfte mittlerweile aber zugesperrt haben. Für eine Stellungnahme war niemand zu erreichen. Die vom Verfassungsschutz beobachtete rechtsextreme Bewegung veröffentlicht mittlerweile nicht mehr, wo die Stammtische stattfinden. Das Schmankerl Spitz wurde im April 2016 beschmiert, der Gastgarten sei außerdem verwüstet geworden, berichtete die Bewegung damals. Zwei Jahre vorher mussten sich die Identitären einen neuen Ort für eine Pressekonferenz suchen, weil ihnen das Café Adam "aus Sicherheitsgründen" kurzfristig abgesagt hat.

Deutlich rechts positioniert hat sich auch das Gasthaus zur Alm im zweiten Wiener Gemeindebezirk – etwa durch Veranstaltungen: 2009 wurde beispielsweise ein Solidaritätskonzert für einen wegen Totschlags verurteilten und dem ungarischen Blood-&-Honour-Neonazi-Netzwerk nahestehenden Mann veranstaltet, der ein Freund des Inhabers sein soll. Die Musik kam von zwei Skinhead-Bands, die laut dem damaligen Juniorchef André Herold allerdings "unpolitische Skinheads" seien. Man sei ein ganz normales Gasthaus. Auch die Identitären kommen hier gerne her: Sie feierten 2016 beispielsweise eine Party unter dem Motto "Mittelmeer statt Armlänge". (lhag, mvu, 9.1.2018)