Die Krankheitserreger rund um uns herum haben gerade Hochsaison, und im Supermarkt, im Büro und in der U-Bahn zählen triefende Nasen und hustende Menschen zum Alltag. Die Grippesaison ist da. Hat es einen selbst auch erwischt und ist man mit Husten, Schnupfen und Fieber ans Bett gefesselt, ist man oft vor die Wahl gestellt: Geht man gleich zum Arzt und greift auf Medikamente zurück, oder möchte man zunächst selbst versuchen, sich mit Hausmitteln Linderung zu verschaffen? Klar ist: Einen Arztbesuch ersetzen die Hausmittel nicht. Tritt nach drei Tagen keine Besserung ein, muss unbedingt ein Arzt aufgesucht werden. Dennoch können Hausmittel unterstützend wirken: Zwiebel- oder Topfenwickel helfen gegen Husten und Essigpatscherl gegen Fieber. Welche Inhaltsstoffe stecken hinter deren heilenden Effekten?

Die Kraft der Natur als Alternative zur chemischen Keule

Husten, Halsweh und Fieber sind häufige Beschwerden in der Grippesaison. Hier kann man als Alternative zu Medikamenten auch auf Mutter Natur zurückgreifen, um wieder fit zu werden. Schon Hippokrates von Kos sagte: "Lass die Nahrung deine Medizin sein und Medizin deine Nahrung".

Zwiebeln sind wahre Wundermittel.
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Zwiebelwickel in kalt und warm

Zwiebeln werden schon seit langem als Hausmittel bei Bronchitis, Husten, Halsentzündung, Heiserkeit, Ohrenschmerzen, Zahnschmerzen, Kopfschmerzen, entzündeten Gelenken und Insektenstichen angewandt. Man muss dafür zwar den intensiven Zwiebelgeruch im Zimmer in Kauf nehmen, deren heilende Wirkung ist aber bereits seit vielen Generationen bekannt.

Für Zwiebelwickel eignen sich im Prinzip alle Zwiebelarten. Für das Zubereiten eines Wickels gibt es kalte und warme Anleitungen:

  • Für den kalten Zwiebelwickel werden – je nach Auflagefläche – eine bis drei Zwiebel geschält und in kleinere Stücke geschnitten. Diese werden zwischen zwei Tüchern aus Baumwolle oder Leinen gepackt, mithilfe eines Nudelholzes oder Ähnlichem zerdrückt und auf den Brustbereich aufgelegt und fixiert. Zum Fixieren kann beispielsweise ein Handtuch verwendet werden.
  • Beim warmen Zwiebelwickel werden die Zwiebelstücke auf verschiedene Arten im Tuch erwärmt: entweder mithilfe zweier Wärmeflaschen, im Backrohr oder über Wasserdampf. Es gibt auch die Variante des warmen Zwiebelwickels, bei der die Zwiebelstücke kurz in Öl oder Butterschmalz oder ohne Fett erwärmt und erst dann in ein Tuch gewickelt, aufgelegt und fixiert werden. Erwärmter Zwiebel hat einen weniger starken Geruch als kalter Zwiebel.

Generell sollte der Zwiebelwickel für mindestens 20 Minuten einwirken, er kann aber auch über mehrere Stunden angewandt werden – er sollte allerdings über die gesamte Dauer der Anwendung als angenehm empfunden werden. Zwiebelwickel auf der Brust sind generell gut bei Erkältungen und Beschwerden der Atemwege, Zwiebeln in einem kleinen Säckchen aufs Ohr gelegt helfen gegen Ohrenschmerzen, und in Socken auf den Fußsohlen wirken sie reinigend und stärkend für den Körper.

Die Wirkung des Zwiebels

Die Zwiebel hat neben ihren entzündungshemmenden, schmerzstillenden und antiseptischen Eigenschaften auch eine stark sekretlösende Wirkung. Sogar bei Asthma, Thrombose und Krebs soll die Pflanze helfen können¹ ². Ein Teil ihrer Inhaltsstoffe kann beim Zwiebelwickel lokal über die Haut aufgenommen werden, ihre flüchtigen Inhaltsstoffe gelangen über ihre Dämpfe in unseren Körper.

Ihr schwefelhaltiger Inhaltsstoff Isoalliin reagiert beim Aufschneiden der Zwiebel mit dem Enzym Alliinase und wird aufgespalten. So entsteht unter anderem der Reizstoff Propanthial-S-Oxid, der sogenannte "tränenreizende Faktor", der für den stechenden und tränentreibenden Geruch der Zwiebel verantwortlich ist. Dieser gelangt über die Dämpfe in Nase und Augen und reagiert dort zu Schwefelsäure, die den Tränenfluss anregt. Die Dämpfe von Zwiebeln haben eine abschwellende Wirkung für die Schleimhäute, und ihre ätherischen Öle enthalten Substanzen mit antibakterieller Wirkung³.

Zwiebeln beinhalten auch Antioxidantien wie Quercetin und Anthocyanin, was die Bekämpfung freier Radikale unterstützt. Zwiebelwickel regen außerdem den Stoffwechsel an, wirken belebend und stärken den Gesamtorganismus.

Topfenwickel gegen Entzündungen

Kalte Topfenwickel haben sich bei Fieber, Kopfschmerzen, akuten Entzündungen – wie Beispielsweise Brustentzündungen bei stillenden Müttern – und Schwellungen, oberflächliche Venenentzündungen, Krampfadern, Sonnenbrand, Insektenstichen, Juckreiz, Ekzemen und Akne bewährt. Auch die Anwendungsmöglichkeiten von warmen Topfenwickeln sind vielfältig: sie helfen bei Entzündungen, Husten, Heiserkeit, Halsschmerzen und Bronchitis.

Zur Anwendung als Wickel ist jeder Topfen geeignet. Magertopfen hat gegenüber der fetteren Variante den Vorteil, dass er von der Konsistenz her fester ist und weniger nässt. 

Der kalte Topfen wird in der Mitte einer Stoffunterlage aufgetragen und etwa fingerdick verteilt. Ist der Stoff groß genug, können die Seiten einschlagen werden, ansonsten wird ein zweites Tuch darüber gelegt, und der Wickel wird angelegt und fixiert. Für einen Brustwickel wird etwa eine Packung Topfen benötigt, für andere Wickel die Menge je nach Auflagefläche anpassen. Für einen warmen Topfenwickel das Ganze vor dem Auflegen mithilfe mithilfe zweier Wärmeflaschen, im Wasserdampf oder im Backrohr erwärmen.

Ein Topfenwickel kann so lange aufgelegt bleiben, solange er sich angenehm anfühlt beziehungsweise bis der Topfen eingetrocknet ist – das kann durchaus mehrere Stunden dauern.

Wirkungsweise von Topfen

Kalter Topfen wirkt entzündungshemmend, schmerzstillend, kühlend und ableitend, warmer Topfen ist entzündungshemmend und schleimlösend. Bei der Berührung mit der menschlichen Haut verursacht die Milchsäure im Topfen eine Öffnung der Poren. Die Milchsäure kann in das Gewebe eindringen, und durch den lokalen Reiz wird die Durchblutung verstärkt. Es wird ein Milchsäureprozess in Gang gesetzt, der die Entzündungsstoffe aus dem umliegenden Gewebe anzieht. Diese werden gebunden, aus dem Körper abgeleitet und vom Topfen aufgesaugt⁴.Wissenschaftliche Studien, die diese Wirkungsweise belegen, gibt es allerdings keine. Wickel regen generell den Stoffwechsel an, das wirkt belebend und stärkt den Gesamtorganismus.

Vom Topfenwickel über Essigpatscherl, manchmal helfen auch Hausmittel, um Schmerzen zu lindern.
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Allseits bekannt: Essigpatscherl 

Die guten, alten Essigpatscherl oder Essigwickel sind vor allem als Hausmittel zum Fiebersenken bekannt. Sie haben aber auch eine entschlackende, diätetische und desinfizierende Wirkung. Für Essigpatscherl und Essigwickel eignet sich normaler Apfelessig.

  • Essigwickel: Für den Essigwickel wird der Essig zunächst mit lauwarmem Wasser verdünnt. Es gibt hier mehrere Varianten, wie stark der Essig verdünnt werden soll. Die Verdünnung kann je nach gewünschtem Effekt variieren – bis zum Verhältnis von 1:3 kann Essig ins Wasser gemischt werden, es können einem Liter Wasser aber auch nur wenigen Esslöffel Essig bis hin zu gar nur einem Schuss zugefügt werden. Erfahrungsgemäß reichen wenige Esslöffel Essig auf einen Liter Wasser für eine gute Wirkung aus. Anschließend wird ein Tuch in dem verdünnten Essig getränkt, ausgewrungen und vom Knöchel bis zur Kniekehle über die Waden gewickelt. Eine zweite Schicht Tücher beziehungsweise Handtücher kommt darüber, und der Wickel wird fixiert.
  • Essigpatscherl: Für die Essigpatscherl werden Baumwollsocken in Essigwasser getaucht, kurz ausgewrungen und dem Patienten übergezogen. Die Socken sollten etwas größer sein, damit das Anziehen nicht allzu große Umstände macht. Über diese Socken kommt noch ein zweites Paar trockene Socken.

Essigwickel und Essigpatscherl sollten so lange am Körper bleiben, solange sie sich angenehm kühl anfühlen, was im Durchschnitt etwa 20 Minuten dauert. Danach sollten sie gewechselt werden. Es sollte jedoch eine kurze Pause von etwa einer halben Stunde bis zu einer Stunde eingelegt werden, und die Essigkompressen sollten nicht öfter als drei Mal hintereinander angewandt werden, um das Fieber nicht zu schnell zu senken. Während die Essigkompressen angelegt sind, sollte die Temperatur des Patienten laufend gemessen werden. Das Fieber darf pro Anwendung nicht mehr als um einen Grad sinken, da der Kreislauf sonst zu stark beansprucht würde.

Wirkung von Essigkompressen

Im Vergleich zu Wasser hat Essigwasser eine verlängerte Verdunstungszeit und besitzt somit eine intensivere kühlende Wirkung und eine stärkere Reizwirkung. Dieser Effekt ist umso stärker, je mehr Essig dem Wasser zugesetzt wird. Durch den sauren pH-Wert unterstützt das Essigwasser außerdem den Säureschutzmantel der Haut und hilft ihr dabei bei der Abwehr von Mikroorganismen.

Warme oder kalte Wickel?

Ob man warme oder kalte Wickel auflegt, hängt von der Art der Anwendung ab und sollte von Fall zu Fall entschieden werden. Kalte, gut getränkte Wickel entziehen dem Körper generell Wärme und wirken entzündungshemmend und abschwellend und eignen sich gut für akute und stark entzündliche Reaktionen. Sie helfen beispielsweise dabei, in der "heißen" Phase einer Erkrankung das Fieber zu senken oder das Abschwellen der Luftröhre bei Atemnot zu unterstützen. Die Temperatur des aufgelegten Wickels sollte bei Fieber maximal fünf bis zehn Grad kühler sein als die Körpertemperatur des Erkrankten. Warme oder heiße Wickel wärmen den Körper, fördern die Durchblutung und können krampflösend wirken. Bei akuten Entzündungen dürfen keine warmen Wickel aufgelegt werden.

Manche schwören nichtsdestotrotz auf kalte, andere wiederum auf warme Zwiebelwickel – das Empfinden und die Wünsche des Patienten oder der Patientin sollte hier auf alle Fälle berücksichtigt werden. Generell sollten Patienten nach dem Abnehmen eines Wickels im Bett bleiben und versuchen, den Körper für zumindest 30 bis 45 Minuten ruhig und warm zu halten⁵. (Alexandra Schebesta, 18.1.2018)

Alexandra Schebesta ist promovierte Genetikerin und seit mehreren Jahren in der Wissenschaftskommunikation tätig. Als Projektleiterin bei Open Science betreut sie Projekte mit unterschiedlichsten Zielgruppen. Sie ist eine der Bloggerinnen, die als "bESSERwisser" die Beiträge für den Hungry-for-Science-Blog von Open Science verfassen.

Mehr Beiträge finden Sie auf hungryforscience.at

Fußnoten

¹ Ursel Brühung, Helga Ell-Beiser, Michaela Girsch: Heilpflanzen in der Kinderheilkunde. 2013.

² Griffiths G. et al.: Onions – a global benefit to health. Phytoter Res. 2002.

³ Sharifi-Rad J., Mnayer D., Tabanelli G. et al.. Plants of the genus Allium as antibacterial agents: From tradition to pharmacy (2016). Cell Mol Biol, Aug 29;62(9):57-68.

⁴ Hafner V. aus-der-apotheke.info 2008. Topfenwickel – altes Hausmittel mit vielen Wirkungen. 

Internationales Fachgremium für Wickel und Kompressen, Grundlagen. 

Link

  • Überblick, Rezepte, Anwendungsgebiet zu Essig-, Topfen-, Zwiebelwickel auf der Website der OÖGKK

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