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Selbst wenn Elektroautos rasch die Welt erobern, würde das den globalen Ölverbrauch nicht schlagartig senken.

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Wien – 25 Fass pro Kopf und Nase. Das sind fast 4000 Liter Rohöl, die jeder Einwohner der USA pro Jahr verprasst. Länder wie Singapur (66 Fass; je 159 Liter), Kuwait (50) und die Vereinigten Arabischen Emirate (45) kommen auf einen noch höheren Verbrauch. Österreich liegt gleichauf mit Deutschland bei zwölf Fass pro Kopf und Nase.

Für die Entwicklung der Ölnachfrage sind künftig aber ganz andere Länder ausschlaggebend, allen voran China und Indien. Dort liegt der Pro-Kopf-Ölkonsum bei einem Bruchteil: Etwas mehr als zwei Fass sind es in China, nicht ganz ein Fass in Indien. Mit zunehmendem Wohlstand und einer breiter werdenden Mittelschicht wird trotz Effizienzverbesserung bei neuen Motoren der Ölverbrauch stark steigen.

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"Auch wenn Autos der neuesten Generation deutlich weniger Sprit verbrauchen – die Masse macht es aus", sagt Jonathan Waghorn dem STANDARD. "Es macht einen Unterschied, ob eine Familie kein Auto hat und mit dem Fahrrad fährt oder ob ein oder mehrere Autos zur Verfügung stehen."

Waghorn managt mit Kollegen den Guinness Global Energy Fund, einen auf Energiewerte spezialisierten Fonds in Großbritannien. Was seine Einschätzung des Ölverbrauchs betrifft, ist fast deckungsgleich mit den Prognosen der Internationalen Energieagentur (IEA) in Paris.

119 Millionen Fass am Tag

Die IEA, die im Auftrag der Industriestaaten eine strategische Ölreserve verwaltet, die im Bedarfsfall eine kurzfristige Ölknappheit überbrücken helfen soll, rechnet in ihrem jüngsten World Energy Outlook mit einer Zunahme der globalen Ölnachfrage auf knapp 119 Millionen Fass am Tag bis 2040. Diese Zahlen seien unter der Prämisse zu lesen, dass sich die derzeitige Entwicklung fortsetzt, präzisieren Mitarbeiter der IEA. Bei Umsetzung einer nachhaltigen, auf Ressourcenschonung abzielenden Politik könnte die Nachfrage auch niedriger ausfallen. Fix ist jedenfalls, dass im Vorjahr pro Tag global im Schnitt fast 98 Millionen Fass Rohöl verbraucht wurden. Ins Auge sticht, dass die Nachfragekurve mit Ausnahme von 2008 und 2009, als im Gefolge der Finanzkrise eine weltweite Rezession den Öldurst minderte, kontinuierlich nach oben zeigt.

Energiewende ändert wenig

Selbst die in Europa vorangetriebene Energiewende, die einen Ersatz fossiler Energieträger durch erneuerbare wie Sonne, Wind und Biomasse vorsieht, hatte bisher keinen durchschlagenden Erfolg. Wegen der guten Konjunktur nimmt sogar der Verbrauch von Selbstzünderkraftstoff zu, trotz VW-Dieselskandals.

Sollten Elektroautos tatsächlich zum Verkaufsschlager werden, wie von vielen Regierungen gewünscht, würde das den Ölverbrauch nicht schlagartig drücken, vor allem nicht global. Dazu seien die Investitionen in die für E-Autos nötige Infrastruktur zu hoch, sagt Waghorn von Guinness Global Energy. Er geht davon aus, dass die 2025 auf der Straße verkehrenden Elektroautos die Weltölnachfrage um eine Million Fass am Tag drücken wird. "Bei vielleicht 105 Millionen Fass Gesamtnachfrage fällt das kaum ins Gewicht," sagte Waghorn.

Dass die Verkehrswende noch eine lange Fahrtstrecke vor sich hat, zeigen Berechnungen des australisch-britischen Minenkonzerns BHP Billiton, der in das Ressourcengeschäft für E-Autos einsteigen will: Demnach soll sich der Elektroautoanteil am weltweiten Pkw-Bestand von derzeit etwas mehr als einem Prozent (von insgesamt 1,1 Milliarden Fahrzeugen) auf acht Prozent oder 140 Millionen E-Autos im Jahr 2035 erhöhen. Zu der Zeit könnte den Berechnungen zufolge der weltweite Autobestand auf 1,8 Milliarden Fahrzeuge angewachsen sein. (Günther Strobl, 9.1.2018)