Ob Verkehrschaos oder Krankheiten wie Krebs und Depressionen: Künstliche Intelligenz kann dem Menschen in Zukunft in immer mehr Lebensbereichen helfen – das ist die zentrale Botschaft der diesjährigen CES in Las Vegas, die am Dienstag offiziell beginnt. Kritiker warnen hingegen vor den Risiken, die das vermeintliche Allheilmittel der technischen Innovation birgt.

4.000 Aussteller

Am Dienstag öffnet die CES offiziell ihre Pforten. Rund 170.000 Besucher werden in der US-Glücksspielmetropole erwartet, 4.000 Aussteller aus dutzenden Ländern zeigen ihre neuen Produkte. Ihre Botschaft ist klar: Der technische Fortschritt macht künftig nicht nur die Kommunikation der Nutzer einfacher, sondern ermöglicht ihnen auch ein unkomplizierteres, längeres und produktiveres Leben.

Entscheidend sind dafür vor allem die zahlreichen neuen Möglichkeiten im Bereich des sogenannten maschinellen Lernens – intelligente Software, die auch selbst neue Software schreiben kann. Diese künstliche Intelligenz bedeute, "dass wir künftig Dinge lösen können, die vorher unlösbar waren", sagt Jensen Huang, Chef des Grafikkartenspezialisten Nvidea.

Entworfen wird in Las Vegas unter anderem die Vision einer Welt, in der selbstfahrende Autos zu jeder Zeit gerufen werden können. Staus oder die zeitraubende Suche nach Parkplätzen oder Tankstellen gehören dann der Vergangenheit an – drahtlos miteinander kommunizierende Autos widmen sich zuverlässig der Eintönigkeit des Straßenverkehrs und garantieren einen störungsfreien und effizienten Ablauf.

Auto der Zukunft

Ein solches "Auto der Zukunft" stellt in Las Vegas etwa das Start-up Byton aus China vor. Das "intuitive und intelligente" Elektrofahrzeug soll ab 2020 weltweit für umgerechnet 37.000 Euro erhältlich sein – und dazu beitragen, Milliarden von im Stau vergeudeten Stunden einzusparen. Genutzt werden könnte diese Zeit "für andere Dinge, die so viel erfüllender sind", sagt Byton-Vizechef Hendrik Wenders.

Robin Raskin, Leiter der CES-Sparte "Living in Digital Times" (Leben in digitalen Zeiten), verweist unterdessen auf die Fortschritte im Bereich Gesundheit und Medizin, insbesondere bei der Berechnung und Abwägung von Behandlungsmöglichkeiten. So wird auf der Messe etwa eine Technologie des Start-ups Righteye gezeigt, mit der die Augenbewegungen von Nutzern erfasst wird – und mit der sich Gehirnerschütterungen, Autismus und Parkinson-Erkrankungen entdecken lassen sollen.

Die Technik ermögliche "erstaunliche Einblicke" und könne das Gesundheitswesen, die Sport- und Fitnessindustrie revolutionieren, sagt Righteye-Mitgründer Adam Gross. In Zusammenarbeit mit Ärzten oder Trainern könnten die Daten genutzt werden, um Therapien oder Trainingsabläufe zu optimieren. "Das Potenzial dieser Technologie, das Leben von Menschen auf der ganzen Welt zu ändern, ist unglaublich und wirklich aufregend", schwärmt Gross.

Gesundheits-Apps

Auch Lesley Rohrbaugh von der Consumer Technology Association (CTA) geht davon aus, dass die Behandlung von Krankheiten in den kommenden Jahren verstärkt durch Technik ergänzt wird. Nutzer könnten über eine Smartphone-App mit ihren Gesundheitsdienstleistern Kontakt aufnehmen und sich aus der Ferne untersuchen lassen. "Du kannst deinen Arzt sehen, ohne ihm wirklich ein Besuch abzustatten", sagt Rohrbaugh.

Die Städte der Zukunft werden der CES-Vision zufolge derweil immer smarter: Während sich immer größere Teile der Weltbevölkerung den großen Ballungsgebieten zuwenden, regeln dort Sensoren und über die Cloud vernetzte Kameras die Bedürfnisse der Bewohner und kümmern sich um die Müllentsorgung, Recycling oder Reparaturen. Unzählige weitere Aufgaben übernehmen Roboter – von Patrouillengängen an der Küste zur Bekämpfung von illegalem Fischfang bis zur Pflege der alternden Gesellschaft.

Kritiker warnen vor der dunklen Seite des Fortschritts: "Technologie wird als Allheilmittel angesehen", sagt Analyst Bob O'Donnell von Technalysis Research. "Aber sie kann auch gesellschaftliche Probleme verursachen." Sorgen gebe es etwa bei der Cyberkriminalität oder Schwachstellen wie den jüngst bekannt gewordenen Sicherheitslücken in Computer-Prozessoren. Der Optimismus der Branche könne sich so als "naiv" erweisen. (APA/AFP, 8.1.2018)