Jetzt habe ich Aberglauben sämtlicher Verwandtschaftsanforderungen erfüllt – die allgemein russische, dass man zu Neujahr, dem wichtigsten Fest des Jahres, immer etwas Neues tragen sollte. Die von Freunden in Form der Michaela Moser, die mich und andere mit reizenden Pussy Hats 2017 versorgt hat (und die, wie ich befürchte, noch eine große Menge Frauenköpfe für 2018 weiter wird versorgen müssen), nämlich rote Unterwäsche zu tragen. Und die der Familie, dass an diesem Tag Einigkeit herrschen muss, um diese Einigkeit möglichst unbeschadet ins neue Jahr zu hieven.

Und was ist? Pustekuchen.

Vom politischen Jahr mal abgesehen: Das Erste, was mich 2018 ereilte, war das Schließen meiner persönlichen Eingangstürroute durch einen sich im Spalt einklemmenden roten Teppich. Nach der letzten Gassirunde. In freudiger Erwartung eines warmen Tees und danach des Ausschlafens in den frischbezogenen Daunendecken. Gegen 22.30 Uhr. Ohne Handy. Ohne Geld. Bekleidet mit einem zwar flauschigen, aber halt leider doch eindeutig pyjamig wirkenden Pyjama. Der Hund trug immerhin einen Mantel, war aber durch den im Stiegenhaus sich abwickelnden Tobsuchtsanfall etwas von der Rolle. Die Nachbarn schliefen. Türetreten brachte erwartungsgemäß bis auf schmerzende Zehenspitzen wenig.

Ich schlug den Weg zu einer Freundin ein, die mich zu Silvester eingeladen hatte und bei der ich nicht erschienen war, und drückte auf gut Glück die Gegensprechanlage. Überhaupt: Glück im Unglück bringt soziale Beziehungen wieder in Schwung. Immerhin stießen wir auf 2018 an, bevor der Schlüsseldienstmann kam.

Er kostete weniger als 150 Euro und war seriös. Während er den Zipfel des verhängnisvollen Teppichs wieder in die Wohnung schob, fügte er an: "Das ist ja noch gar nichts. Ich musste einmal zu einem Schlafwandler ausrücken. Der war ganz nackig." Ich werde Tante Jolesch ab sofort heftig widersprechen. (Julya Rabinowich, 4.1.2018)