Glaubt nicht, dass auch Arbeitslose ihr Vermögen abgeben werden: Hartinger-Klein.

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Wien – Die neue Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) hat angekündigt, dass Arbeitslose künftig unter bestimmten Bedingungen unbefristet Arbeitslosengeld beziehen können werden. Langzeitarbeitslose würden nicht in die Mindestsicherung fallen, das deutsche Hartz IV-Modell "wird es mit mir als Sozialministerin nicht geben", betonte Hartinger im Interview mit der APA. "Menschen, die unverschuldet auch sehr lange keinen Job finden, werden dauerhaft Anspruch auf Arbeitslosengeld haben." Zuvor hatte Hartinger bereits im "ZiB 2"-Interview dementiert, dass es in Österreich ein Hartz-IV-Modell geben werde.

Sieht auch in Zukunft kein Hartz IV in Österreich: Sozialministerin Hartinger-Klein.
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Im Regierungsprogramm ist vorgesehen, dass die Notstandshilfe, die derzeit unbefristet bezogen werden kann, in das befristete Arbeitslosengeld integriert werden soll. Sie wolle "den Stempel Notstandshilfeempfänger möglichst rasch beseitigen", erklärte Hartinger-Klein.

Keine konkreten Zahlen

Im Regierungsprogramm ist auch eine "degressive Gestaltung der Leistungshöhe" des Arbeitslosengeldes enthalten. Hartinger-Kleins Plan ist es, dass es künftig zu Beginn der Arbeitslosigkeit mehr als die derzeit 55 Prozent des letzten Nettobezuges geben soll. Im Laufe der Zeit sollte dieser Betrag dann sinken. Auf eine konkrete Zahl wollte sie sich noch nicht festlegen, ebenso wenig auf eine Untergrenze. Dazu sollen "finanzmathematische Modelle" entwickelt werden.

Profiling bei der Jobsuche

Zu der ebenfalls im Regierungsprogramm vorgesehenen Verschärfung der Zumutbarkeitsbestimmungen erklärte Hartinger, dass es ihr um einem "zielgerichtete Vermittlung" der Arbeit gehe. Ähnlich der personalisierten Medizin strebt sie auch eine personalisierte Beratung zur Arbeitsvermittlung mit Profiling an. Damit könnte etwa auf bestimmte Einschränkungen von Personen individuell eingegangen werden.

Hartinger will auch auf mehr Eigenverantwortung der Arbeitssuchenden setzen. Sie schließt verstärkte Sanktionsmöglichkeiten nicht aus, wenn der Eigenverantwortung nicht nachgekommen wird.

Bei der Reform der Mindestsicherung setzt die Sozialministerin angesichts der Pläne, die dem derzeit beim Verfassungsgerichtshof liegenden niederösterreichischen Konzept sehr ähnlich sind, einerseits auf eine Grundsatzgesetzgebung, "die verfassungsrechtlich abgesichert ist". Andererseits richtet sie auch einen Appell an die Bundesländer, doch noch eine gemeinsame Lösung zustande zu bringen. Sie würde sich dabei als Vermittlerin gerne zur Verfügung stellen. In der rot-schwarzen Regierung ist eine solche gemeinsame Lösung der Bundesländer gescheitert.

Aktion 20.000: Keine Einsparung

Die Einstellung der Aktion 20.000 und des Beschäftigungsbonus verteidigte Hartinger-Klein. Sie betonte, dass die Aktion 20.000 nicht abgeschafft, sondern "ausgesetzt" sei. Und sie begründete die Entscheidung damit, dass die Erwartungen nicht erfüllt worden seien. Die Kosten seien bei der Entscheidung "nicht das Thema" gewesen, es gehe um Effizienz.

Ganz generell werde es im Sozialbudget "keine Einsparungen" geben, versichert Hartinger.

Mit welchen Maßnahmen die im Regierungsprogramm angekündigte Angleichung des faktischen an das gesetzliche Pensionsalter erfolgen soll, lässt die Sozialministerin vorerst offen. Dazu müsse erst mit den Systempartnern diskutiert und ein Konzept erarbeitet werden.

Noch heuer sollen die Anstalten der Bauern und der Gewerbetreibenden fusioniert werden. Mit 1. Jänner 2019 soll die Zusammenlegung wirksam werden, kündigte Hartinger-Klein an.

Versicherungsfusion wird dauern

Die Fusion der Sozialversicherungsanstalten der Bauern (SVB) und der Gewerblichen Wirtschaft (SVA) war schon vor einigen Jahren fix und fertig ausverhandelt. Gescheitert sei sie damals an der Diskussion, wer wie viel zu sagen hat. Insgesamt ist im Regierungsprogramm vorgesehen, dass es künftig maximal fünf Sozialversicherungsträger geben soll. Hartinger-Klein hofft, das in dieser Legislaturperiode über die Bühne zu bringen. Es könnte aber auch zwei Perioden dauern, schränkt sie ein. Sie will für diesen Prozess jedenfalls alle Systempartner einladen. Ihr geht es dabei weniger um Einsparungen – Hartinger-Klein rechnet mit zehn bis 20 Prozent –, sondern vor allem um eine Harmonisierung der Leistungen für die Patienten und um die Abschaffung der Mehrfachversicherungen.

Dass es sich bei der geplanten Zusammenlegung der neun Gebietskrankenkassen um einen Etikettenschwindel handeln könnte, weil die Budgetautonomie und die Rücklagen bei den Ländern bleiben sollen, weist die Ministerin zurück. Es werde in allen Bundesländern Landesstellen geben, weil man etwa Arztstellen nur dezentral planen könne. Die derzeit fünf Rechenzentren oder die Personalverrechnung sollen aber künftig zentral gemacht werden.

Für die Versicherten müssten die Leistungen harmonisiert werden, die Tarife der Ärzte könnten unterschiedlich bleiben. Es soll zwar einen österreichweiten Gesamtvertrag mit der Bundesärztekammer geben, aber für die Zu- und Abschläge und für die Stellenpläne brauche es auch die Landesärztekammern weiter.

Geplant ist auch die Schaffung eines Verwaltungsrates mit Bundesvertreter. Damit werde die Selbstverwaltung aber nicht zurückgedrängt, versicherte die Ministerin. Es gehe um mehr Effizienz. Ein solcher Verwaltungsrat war schon unter der ersten schwarz-blauen Regierung geplant, ist dann aber nicht zustande gekommen. Hartinger-Klein will das jetzt "auf neue Beine stellen".

Dass von der Allgemeinen Unfallversicherungsanstalt (AUVA) bis Ende 2018 ein Reformkonzept mit Einsparungen von 500 Millionen Euro verlangt wird und sonst deren Auflösung droht, verteidigt die Ministerin. Das Know-how der Unfallspitäler und der Rehab-Zentren werde "auf keinen Fall" verloren gehen, versucht sie entsprechende Befürchtungen der AUVA zu zerstreuen. Die Unfallspitäler und die Rehab-Zentren würden auch im Falle einer Auflösung der AUVA nicht wegfallen, sondern in die Landesversorgung eingebracht werden.

Hartinger-Klein: "Keine Sozialkürzung"

Angesichts der bevorstehenden Budgeterstellung ist es Hartinger-Klein auch sehr wichtig festzuhalten, dass es im Sozialbudget "sicher keine Einsparungen geben wird". In ihrem Ressort gebe es viele Bereiche, wo mehr Geld nötig sein werde.

Hartinger-Klein, die auch Gesundheitsministerin ist, hatte zuvor im "ZiB 2"-Interview ihr Bedauern über das Ende der Raucherlösung in Lokalen ausgedrückt. Damit sei sie nicht glücklich, so die Ministerin. (APA, 3.1.2018)