Budapest – Die rechtsextreme ungarische Jobbik-Partei will gemeinsame Sache mit den Grünen (LMP) und der Jugendpartei Momentum machen, um Ministerpräsident Viktor Orbán bei der Parlamentswahl im Frühjahr aus dem Amt zu drängen. "Es klingt vielleicht hochnäsig. Aber ich bin die letzte Bastion der Demokratie in Ungarn", sagte Jobbik-Chef Gábor Vona der "Presse" vom Mittwoch.

Jobbik ist wegen antisemitischer Ausfälle, scharfer EU-Kritik, des Festhaltens an Großungarn und der Gründung einer paramilitärischen Einheit international so in Verruf geraten, dass auch rechtspopulistische Parteien wie der Front National und die FPÖ nichts mit ihr zu tun haben wollen. Seit dem Jahr 2010 ist sie die führende Oppositionspartei in Ungarn.

Im "Presse"-Interview betont Vona, dass er Jobbik zu einer konservativen Volkspartei umgewandelt habe. So habe er im Vorjahr um Entschuldigung für antisemitische Äußerungen von Jobbik-Politikern gebeten. "Heute ist es unmöglich, dass solche Entgleisungen ohne Konsequenzen passieren", versicherte er. Auch sei die romafeindliche "Ungarische Garde" mittlerweile aufgelöst worden, und ein EU-Austritt sei ebenso wenig Parteiziel wie die Revision der ungarischen Grenzen. Großungarn sei eine "historische Idee", sagte Vona. "In der Realität streben wir für die ungarischen Minderheiten in den Nachbarländern Autonomie an."

Als Gentleman in den Ring

Scharfe Kritik übt Vona an Orbán, dessen Parteifreund er früher war. Bei Auseinandersetzungen mit dem Regierungschef fühle er sich "mittlerweile so, dass ich als Gentleman in den Ring steige, und mir gegenüber sitzt ein Mafiaboss mit einem Maschinengewehr", sagt der Jobbik-Chef. "Orbán will mich seelisch brechen", berichtete Vona angesichts von Gerüchten über seine Homosexualität. "Denn vor allem auf dem Land bei den konservativen Wählern ist es unvorstellbar, dass ein Ministerpräsident homosexuell ist." Es sei auch ein Paparazzo bezahlt worden, der ihn und seinen Sohn auf dem Schulweg fotografiert habe. "Das ging wochenlang so, damit wir es auch ja bemerkten. Mein Sohn weinte."

"Orbán ist kein Demokrat. (...) Er untergräbt die Pressefreiheit, die Unabhängigkeit staatlicher Organe, das Privateigentum und Freiheit der Unternehmen, er attackiert NGOs und die Autonomie der Universitäten. Es gibt keine Machtbalance mehr, keinen Gegenpol, der die Regierung einschränkt", sagt der Jobbik-Chef.

Die Achillesferse von Orbáns System sei, dass es populär sein müsse. "Es nährt sich davon, mit einem einzigen politischen Thema, der Migration, die Gesellschaft ständig in Angst zu versetzen", so Vona. "Die Ungarn sind in einem hysterisierten Zustand. In dem Moment, wo die Popularität weg ist, bricht das System zusammen."

Seine Partei werde in allen 106 Wahlkreisen mit eigenen Kandidaten antreten, kündigt Vona an. Nach der Wahl sei er bereit, "falls die parlamentarische Mathematik das erforderlich macht", Koalitionsverhandlungen mit LMP und Momentum zu führen. Auf die Frage, ob Orbán bei der Wahl geschlagen werden könne, meint er: "Wenn jemand eine Chance hat, dann bin ich es. Das ist kein Schlachtruf, sondern eine Tatsache." (APA, 26.12.2017)