Wien – In Stadlau, einem Teil von Wien-Donaustadt, gibt es nicht nur eine von Wolfgang Ambros besungene Rose, sondern auch einen Gewerbepark. Mit einem Schnellrestaurant, bei dem sich am 25. September Aleksandar M. und Karl M. mit Kalorien versorgen wollten. Ein Plan, der für beide mit einer Anklage wegen gefährlicher Drohung vor Richter Johannes Varga endete.

Die Physis des Duos sorgt für eine ungewöhnliche Sitzordnung: Karl M. muss nicht auf die Anklagebank, sondern darf neben der Staatsanwältin Platz nehmen. Der Grund: Im kleinen Saal 309 des Wiener Straflandesgerichts haben der Footballspieler und sein Kontrahent, von der Statur her ein Ringer, nicht gleichzeitig Platz auf der Bank.

Mit zwei Autos fuhren Karl M. und Kollegen in der fraglichen Septembernacht jedenfalls nach dem Sporttraining in den Gewerbepark, um Nahrung zu fassen. Das erste Auto, das auf dem leeren Parkplatz ankam, war jenes mit Michel S. und Dominik W., Freunden von Karl M., dem Zweitangeklagten.

Im Jaguar zum Burgerrestaurant

Kurz nach ihnen traf Aleksandar M. mit seinem Jaguar ein. "Wir wollten den Drive-in benutzen, haben aber am Rand der Zufahrt geparkt, um zu schauen, ob wir noch Gutscheine haben", schildert der von Philipp Wolm vertretene Erstangeklagte. "Plötzlich ist ein anderes Auto gekommen, und jemand hat mir die Lichthupe gegeben." Der 22-Jährige fuhr zwar weg, ärgerte sich aber, dass sich der Neuankömmling auf dem leeren Parkplatz genau diesen Halteort ausgesucht hatte.

"Als sie ausgestiegen und zum Restaurant gegangen sind, habe ich das Fenster heruntergelassen und gefragt, ob das jetzt wirklich notwendig gewesen ist. Aber im Spaß", beteuert der Vorbestrafte. Der Humor entging den Angesprochenen, es kam zum Wortgefecht. Bei dem Karl M. gedroht haben soll: "Ich werde dich und deine Schlampe im Auto aufschlitzen!" Zusätzlich habe der Gegner dabei beide Hände in den Jackentaschen gehabt.

"Ich habe ja nicht gewusst, ob er ein Messer hat", begründet der Erstangeklagte, warum er seine Gaspistole aus dem Handschuhfach kramte, ebenso ausstieg und auf die Gruppe zuging. Dass er mit der Waffe auf den Zweitangeklagten gezielt habe, gibt er zu. Die Verwendung der Sätze "Es ist nicht das erste Mal, dass ich jemanden erschieße. Glaubst, ich trau mich nicht abzudrücken?" bestreitet er aber. Einer seiner Freunde habe ihn dann beruhigt, worauf er wieder eingestiegen und weggefahren sei.

Waffe wegen tschetschenischer Bedrohung

"Wäre es eine Möglichkeit gewesen, schon vorher wegzufahren, wenn Sie sich fürchten?", fragt Richter Varga. "Ja, natürlich", gesteht der Erstangeklagte ein. Er habe sich aber gedacht, er könnte mit dem Zücken der Waffe die Situation entschärfen. "Warum haben Sie überhaupt eine Gaspistole?", will Varga wissen. "Ich war fünf Jahre lang Mietwagenfahrer, da ist mir einiges passiert", antwortet der Arbeitslose. "Außerdem werde ich auch von tschetschenischen Leuten gesucht."

Footballer Karl M. sieht sich dagegen völlig unschuldig und schildert seine Sicht der Dinge. "Als ich auf den Parkplatz gekommen bin, ist neben dem Auto von Michel ein anderes gestanden. Ich habe mir gedacht, die kennen sich vielleicht, und habe gewartet." Michel S. betätigte die Lichthupe, dann fing der Streit an.

Es fielen Diskussionsbeiträge wie "Kummts her, wennts die Eier hobts" und "Glatzkopf, dir scheiß ich auch noch auf den Kopf". Der 21-Jährige gesteht, irgendwann mit "Ja, komm, du willst ja nur deine Schlampe am Beifahrersitz beeindrucken" gekontert zu haben, Morddrohung sei aber keine dabei gewesen. Daraufhin sei Aleksandar M. ausgestiegen und habe ihn mit der Waffe bedroht, in diesem Zusammenhang habe der Erstangeklagte auch seine Tötungserfahrung erwähnt. Als die Gegner weg waren, habe man die Polizei informiert.

Von Gaspistole geschockter Soldat

Die Ex-Freundin des Erstangeklagten bestätigt dessen Version, auch sie will etwas von "aufschlitzen" oder "abstechen" gehört haben. Die beiden Freunde des Zweitangeklagten wiederum untermauern dessen Darstellung. Verteidiger Wolm ist ein wenig misstrauisch, Dominik W. hat bei seiner polizeilichen Einvernahme gar nichts von dem "Schlampensager", wie es Wolm ausdrückt, erwähnt. Nun bestätigt er ihn wortwörtlich. Seine Entschuldigung: "Ich wurde nicht danach gefragt und bin unter Schock gestanden." – "Mhm, Schock", meint Wolm. "Ich wurde mit einer Waffe bedroht!", unterstreicht der Zeuge, was insofern etwas ungewöhnlich ist, als er als Berufssoldat arbeitet.

Am Ende verurteilt Varga Aleksandar M. anklagekonform zu fünf Monaten bedingt, den von Nadine Illetschko vertretenen Karl M. spricht er dagegen frei. "Es ist für mich nicht nachvollziehbar, warum man aus dem Auto aussteigt, sich auf die Gegner zubewegt und sogar einkreisen lässt, wen man sich fürchtet", glaubt Varga die Darstellung des Erstangeklagten nicht. Der akzeptiert das Urteil, da die Staatsanwaltschaft keine Erklärung abgibt, sind die Entscheidungen nicht rechtskräftig. (Michael Möseneder, 26.12.2017)