Wegen einiger strittiger Passagen musste das Repräsentantenhaus noch einmal über die Steuerreform abstimmen.

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Washington – Wann immer zuletzt von der Steuerreform die Rede war, sprach Donald Trump von einer herrlichen Weihnachtsgabe, vom großzügigsten Geschenk, das eine amerikanische Regierung den Bürgern je in den Weihnachtsstrumpf gesteckt habe. Die Steuersenkungen seien gewaltig, griff er das Motiv am Mittwoch zum x-ten Mal auf. Sie seien so bedeutsam, twitterte der US-Präsident, dass die Resultate schon bald für sich sprächen, trotz aller Verrisse in den "Fake-News".

In der Nacht zuvor, fast eine Stunde nach Mitternacht, hatte der Senat ein Gesetz abgesegnet, das die Republikaner als größte fiskalische Revolution seit 1986 feiern, seit dem Jahr, als ihr Idol Ronald Reagan das Steuerrecht zum letzten Mal radikal reformierte. Mit 51 gegen 48 Stimmen, mit den Stimmen aller anwesenden Republikaner gegen die geschlossene Phalanx der Demokraten, ließ die kleinere Parlamentskammer die Novelle passieren.

Die größere, das Repräsentantenhaus, musste am Mittwoch ein zweites Mal abstimmen, weil der Entwurf so eilig zusammengeschustert war, dass er beim ersten Anlauf in manchen Details den Haushaltsregeln des Senats widersprach. Angesichts der klaren konservativen Mehrheit war die Wiederholung eine Formalie, nicht mehr.

Die Privatwirtschaft wirds schon richten

Mit der Reform folgen die Republikaner ihrer Philosophie, nach der es die Privatwirtschaft schon richten wird, während Uncle Sam im Grunde nur stört. Eine geringere Abgabenlast für Bürger und Unternehmen, argumentieren sie, werde das Wachstum befeuern, im Ausland geparkte Konzerngewinne zurückfließen lassen, ein wahres Feuerwerk an Investitionen entfachen und bald auch die seit Jahren stagnierenden Löhne der Beschäftigten steigen lassen.

Dazu wird die Körperschaftsteuer für Unternehmen von derzeit 35 auf 21 Prozent gesenkt, der Spitzensatz der Einkommensteuer von 39,6 auf 37 Prozent reduziert und der Grundfreibetrag auf 12000 Dollar pro Person verdoppelt. Familienbetriebe, die Einkommen- statt Unternehmenssteuer zahlen, müssen nur noch 80 Prozent ihrer Gewinne versteuern. Transferiert ein Konzern seine im Ausland gebunkerten Profite in die USA, werden diese einmalig nur noch mit acht bis 15,5 Prozent belegt. Während die Entlastung der Unternehmen auf Dauer angelegt ist, gelten die niedrigeren Sätze für Privatpersonen nur bis 2026.

Zugleich fällt eine Reihe von Abzugsmöglichkeiten weg. Konnte man lokale Abgaben, von der Grundsteuer bis hin zu der beim jeweiligen Bundesstaat zu berappenden State-Tax, bisher in voller Höhe anrechnen, wird dies ab Jänner nur noch bis maximal 10000 Dollar pro Haushalt möglich sein. Wer relativ gut verdient und in Kalifornien, Massachusetts oder New York zu Hause ist, in Staaten mit hohen Lokalsteuern, wird daher wohl stärker zur Kasse gebeten als heute. Kein Zufall: Politisch gesehen handelt es sich um Hochburgen der Demokraten, in denen die Republikaner nichts zu bestellen haben.

Reiche profitieren

Nach der Faustregel Paul Krugmans, eines nobelpreisgekrönten Ökonomen, gibt die Novelle Leuten, die etwas besitzen, klar den Vorzug vor Leuten, die ihren Lebensunterhalt durch Arbeit verdienen. Wer ein Geschäft betreibe, wie Trump in großem Stil Immobilien vermiete oder von Kapitalerträgen lebe, rechnet Krugman vor, werde prozentual dreimal stärker entlastet als jemand, der arbeiten müsse.

Laut einer Prognose des Tax Policy Center (TPC), eines politisch unabhängigen Thinktanks, profitieren zwar alle Gehaltsgruppen von den Senkungen, doch kommen Wohlhabende mit Abstand am besten weg. Nicht nur in absoluten Zahlen, was bei einem progressiven Steuersystem auf der Hand liegt, sondern auch relativ. Dem TPC zufolge bleibt dem untersten Fünftel der Einkommenspyramide nach Abzug aller Abgaben ein Nettoplus von gerade einmal 0,4 Prozent, während das oberste Fünftel 2,9 Prozent zusätzlich in der Tasche hat. Ohne Kürzungen droht der Schuldenberg weiter rasant zu wachsen. (Frank Herrmann aus Washington, 21.12.2017)