Schnitzel wie Gorillas im Nebel: Kellner tritt für Rauchverbot ein

Colette M. Schmidt

Er habe sich vor 2009 oft die Luster in seinem Café angeschaut, erinnert sich Andreas Schwabl: "Den braunen Belag, den man einmal im Jahr gereinigt hat, da habe ich mir gedacht: Das habe ich auch in meiner Lunge." Wenn es ums Arbeiten im Rauch geht, weiß Schwabl, wovon er spricht: "Ich habe das 25 Jahre erlebt, das merkt man gesundheitlich, auch wenn man jünger ist. Damals habe ich sehr oft Bronchitis gehabt, und im Alter merkt man es sicher auch, denn man kann mit 80 noch fit sein oder mit 70 ein Wrack."

Schwabl ist Oberkellner in einem renommierten Wiener Café, wo seit 2009 das Rauchen verboten ist. Er war "sehr enttäuscht", als er von der Rücknahme des Rauchverbots ab 2018 durch die neue Regierung hörte, sagt Schwabl. Seinen Arbeitsplatz werde das nicht treffen. Man habe auch im Team Raucher, "aber keiner von ihnen würde jemals wieder in einem Raucherlokal arbeiten", sagt Schwabl. "Ein, zwei Stunden im verrauchten Lokal zu sitzen ist ungesund, aber ein Arbeitsplatz, wo man sich täglich neun bis zehn Stunden aufhalten muss, ist ärger." Schwabl kritisiert im Gespräch mit dem STANDARD, dass Arbeitnehmerrechte geopfert würden: "In jeder anderen Branche wird der Arbeitnehmer vor Rauch geschützt, nur bei uns nicht."

Er ist für einheitliche Regeln: "Wenn man nirgends rauchen darf, gehen die Leute trotzdem aus", ist Schwabl sicher. Einbußen hatte man in seinem Café ab 2009 nicht. "Im Gegenteil, wir hatten sogar schon ab 1995 ein Nichtraucherzimmer und haben bald bemerkt, dass dort der Umsatz größer ist. Da bleiben die Leute lieber sitzen und essen mehr." Nachsatz: "Im Raucherlokal schauen die Schnitzel ja aus wie Gorillas im Nebel."

Foto: Colette M. Schmidt

Studium mit Job, Mama und Papa: Studentin will keine Gebühren

Oona Kroisleitner

Für Katharina Deisting wird sich wohl wenig ändern. "Ich werde von meiner Familie unterstützt", sagt die Studentin. Dass das türkis-blaue Regierungsprogramm Studiengebühren – in noch unbestimmter Höhe – vorsieht, ist für die 22-Jährige trotzdem "problematisch". Denn sie befürchtet, "dass sich viele ihr Studium nicht mehr leisten können, wenn sie dafür zahlen müssen". Und: dass "nur noch ausgewählte Leute an die Uni kommen".

Nach einem zweisemestrigen Ausflug in die Lebensmittel- und Biotechnologie studiert Deisting aktuell im fünften Semester Raumplanung an der Technischen Universität Wien. "Das war nichts für mich", erzählt sie. In der Mindeststudienzeit ist sie in ihrem aktuellen Studium aber auch nicht mehr. Denn bereits mit 15 hat sie begonnen, neben dem Gymnasium zu jobben. "Meine Eltern schauen, dass ich genug Geld für meine Ausbildung habe", erzählt die gebürtige Wienerin. Trotzdem wolle sie sich ihren restlichen Lebensunterhalt mit dem eigenen Kapital finanzieren.

Dafür ging sie neben der Uni 20 Stunden pro Woche kellnern. Ein Vollzeitstudium geht daneben kaum. "Ich will Vorlesungen besuchen, das lässt sich mit einem Beruf nicht gut vereinbaren", sagt Deisting, die sich auf ihr Auslandssemester vorbereitet. Nach den sechs Monaten in Bordeaux, Frankreich, wird sie noch ein weiteres Jahr studieren.

Ob ein Steuerbonus nach dem Abschluss sie im Land halten könnte? "Ich denke nicht." Als sinnvoll erachtet sie diese Regelung nicht. Denn diejenigen, "die es sich leisten können zu studieren, werden sich wohl ein Leben leisten, in dem es einem ganz gut geht" – Steuer begünstigung hin oder her.

Foto: Anna Stöcher

Weiterer Umzug für fünf Afghanen: Asylquartiergeber vor Pleite

Irene Brickner

Das geplante Aus für individuelles Wohnen von Asylwerbern, die künftig offenbar alle in großen, staatlich geführten Grundversorgungsquartieren leben sollen, trifft Hans-Peter Hurka zur Unzeit. Erst diesen November hat der Pensionist in Schwechat eine Privatunterkunft eröffnet.

Auf 110 Quadratmetern leben dort um monatlich 750 Euro Miete und 600 Euro Nebenkosten fünf junge Männer aus Afghanistan in einer Wohnung. Gemeinsam führen die 19- bis 27-Jährigen, die alle 2015 nach Österreich kamen, den Haushalt, kochen und putzen, drei pendeln von Montag bis Freitag in die Handelsakademie in Bruck an der Leitha, zwei zu Deutschkursen nach Wien.

Zum Quartiergeber wurde Hurka aus einer Krisensituation heraus. Diesen Oktober wurde das Henri-Dunant-Containerdorf beim Flughafen geräumt. Die fünf Afghanen wurden in Quartiere verlegt, von denen aus sie Schule und Kurse unmöglich erreichen konnten. Doch das Lernen sei "ein Zentrum ihres Lebens", es mindere den Druck, unter dem sie aus Furcht vor einer Asylablehnung stünden, sagt Hurka. Also machte er sich in Schwechat auf Wohnungssuche.

Derzeit erhält der ehemalige Sprecher der Initiative "Wir sind Kirche" vom Land Niederösterreich 21 Euro pro Asylwerber und Tag, das deckt die Kosten. Sollten die Afghanen bald wieder ausziehen müssen, würde Hurka kein Geld mehr zufließen – ein finanzielles Debakel: "Ich kann die Wohnung frühestens im November 2018 kündigen."

Auch für die jungen Männer, so Hurka, wäre ein neuerlicher Umzug belastend. "Wichtig für sie wäre aber vor allem, dass das neue Quartier zentral liegt. Nah genug an Schule und Kursort."

Foto: APA/HERBERT PFARRHOFER

Gefährliches Kulturleitbild: Musikmanager betont Freiheit

Musikexperte Hannes Tschürtz, Gründer der Agentur Ink Music, beurteilt das Programm der neuen Bundesregierung kritisch. "Es enthält viel Luft und Überschriften, was fairerweise ein bisschen in der Natur der Sache liegt." Aber in Summe "ist Potenzial drin, dass es wahnsinnig gefährlich wird".

Wenn es etwa um "ein österreichisches Kulturleitbild" gehe, sei er skeptisch. "Das ist das Gegenteil von sinnvoll, wenn es um Kultur geht, weil Kunst von Freiheit lebt." Zudem werde viel von Evaluierung gesprochen und dies mit "Spitzen- und Exzellenzförderung" in Bezug gesetzt. Er sei zwar keineswegs ein Verfechter des Gießkannenprinzips, aber: "Eine Spitze kann nicht entstehen, wenn es keine Breite gibt", so Tschürtz. "Warum die österreichische Musikwirtschaft gerade so boomt, ist genau die Entwicklung der letzten 15 Jahre."

Positiv hebt Tschürtz etwa die Förderung durch den Musikfonds hervor, spricht sich aber für eine finanzielle Ausweitung aus, nicht zuletzt auch in Richtung Vertriebs- und Vermarktungsför derung. "Das wäre dringend notwendig. Wenn sie dort nicht ansetzen, machen sie einen Riesenfehler. Und eine Spitzenförderung wird dort nicht ansetzen."

Zum Thema Quote, etwa was heimische Künstler in Radio und TV betrifft, zeigt sich Tschürtz, bei dessen Agentur Bands wie Mynth oder Garish zu Hause sind, gespalten. "Ich bin kein Freund davon." Zuletzt gab es seitens der Musikwirtschaft einen sinnvollen Dialog, "das ist ausnahmslos immer besser, als etwas per Gesetz vorzuschreiben". Natürlich sei die Quote auch als "Drohgebärde in der Hinterhand" nicht zu unterschätzen. "Aber ich würde nach wie vor sagen: Feste Prozente vorzugeben ist nicht der Weisheit letzter Schluss." (APA, red)

Foto: Heribert Corn