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Noch ist es nicht ausgeschlossen, dass sich ein Käufer für Niki findet. Bis Donnerstag bleibt Zeit für Angebote.

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Die Start- und Landerechte der Airline sind noch aufrecht, sagt EU-Kommissarin Vestager.

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Führt eine Verkettung unglücklicher Zufälle zu einer schiefen Optik, oder steckte eine ausgeklügelte Strategie dahinter? Luftfahrtexperten rätseln über die Motive der Lufthansa, seitdem das Unternehmen im September zunächst ein erfolgreiches Kaufangebot für Teile von Air Berlin und die Unternehmenstochter Niki abgegeben hat, dieses aber vergangene Woche angesichts von Bedenken der EU-Wettbewerbshüter zurückzog.

Kritiker behaupten, die Lufthansa habe von Anfang an gewusst, dass die Niki-Übernahme scheitern wird. Der deutsche Luftfahrtkonzern habe aber verhindern wollen, dass ein anderer Bieter eine intakte Airline kauft, die noch dazu direkt mit seinem Tochterunternehmen Austrian konkurriert. Kritisch äußerte sich am Dienstag die zuständige EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager.

Problematische Optik

Ob die Lufthansa von Anfang an auf die Zerschlagung Nikis hingearbeitet habe, wollte Vestager in einem Interview mit dem STANDARD nicht direkt kommentieren. Wohl aber kritisiert sie das Vorgehen der Lufthansa scharf und sieht eine problematische Optik. "Nachdem Air Berlin in die Insolvenz geschlittert war, gab es eine Reihe von verbindlichen Angeboten für Air Berlin und Niki. Bereits damals machten meine Experten allen Beteiligten klar, dass ihnen bewusst sein muss, dass ein sehr hohes Risiko für wettbewerbsrechtliche Probleme besteht, sollte Lufthansa der Käufer sein."

Die Kommission hat danach das von Air Berlin angenommene Lufthansa-Anbot geprüft und für nicht genehmigungsfähig erachtet, weshalb die Lufthansa zurückzog. Vestager bezeichnet auch diesen Teil des Vorgangs als "speziell". "Nachdem die Lufthansa als Käufer ausgewählt worden war, haben wir einen Vertrag zu Gesicht bekommen, der – nun, ich würde nicht sagen, wir haben so etwas noch nie gesehen, aber der Vertrag war doch außergewöhnlich."

LGW darf übernommen werden

Der Deal erlaubte es der Lufthansa, ihr Angebot für Niki zurückzuziehen, wobei der restliche Teil des Kaufanbots, mit dem die Lufthansa die andere Air-Berlin-Tochter, den regionalen Zubringer Luftfahrtgesellschaft Walter (LGW), erwarb, aufrecht blieb. Und zwar "ohne dass für dieses Vorgehen irgendeine vertragliche Pönale vereinbart wurde". Die Lufthansa hatte für Niki, LGW und Teile der Air-Berlin-Flotte 210 Millionen Euro geboten. Die Kommission wird über jenen Teil der Transaktion, der LGW und Air Berlin betrifft, noch diese Woche entscheiden; LGW darf laut Insidern übernommen werden.

Scharfe Worte für das Vorgehen der Lufthansa hatte zuletzt erneut Niki Lauda gefunden. Ihm zufolge gibt es bei Niki kaum noch Flugzeuge, weil die Lufthansa in den Großteil der Leasingverträge eingestiegen sei. Laut dem Air-Berlin-Insolvenzverwalter verfügt Niki nur noch über zwei bis drei Flugzeuge. Ersatzmaschinen seien in kurzer Zeit nicht zu erhalten, so Lauda. Ohne Maschinen würde die Fluglinie die wertvollen Start- und Landerechte an Flughäfen verlieren und praktisch wertlos werden.

Neuer Bewerber für Niki

Die EU-Kommission habe die Übernahme der Maschinen mit der Lufthansa ausgehandelt, um sicherzustellen, dass der Flugbetrieb zunächst weitergehe, sagt Vestager dazu. Man habe sich ausbedungen, dass die Lufthansa die Flieger wieder "zu marktüblichen" Konditionen abgibt, sollte sich doch ein Käufer für Niki finden. "Lufthansa kann also nicht irgendeinen Preis festsetzen. Wir erwarten, dass sich der Konzern an diese Verpflichtung hält." Noch seien die Start- und Landerechte bei Niki nicht verfallen, weshalb Vestager hofft, dass sich doch ein anderer Käufer findet.

Am Dienstag kam tatsächlich abermals Bewegung in die Sache. Bis Donnerstag können nochmals Bewerber Angebote für Niki machen, Lauda selbst will auch ein Offert unterbreiten. Auch die Schweizer Linien- und Charterfluggesellschaft Privat Air hat Interesse an der insolventen Air-Berlin-Tochter Niki angemeldet. "Ja, wir wollen Niki ganz übernehmen und möglichst alle Arbeitsplätze erhalten", sagte Firmenchef Thomas Limberger der "Presse" am Dienstag.

Die unglückliche Kette an Ereignissen seit September, also die Unsicherheit für die 1.000 Mitarbeiter und Fluggäste, hätte "von Anfang an vermieden werden können, hätte man gleich einen anderen Käufer für Niki gefunden", sagt Vestager.

Ikea im Visier

Vestager sprach mit dem STANDARD auch über das am Montag eröffnete Verfahren gegen Ikea wegen Steuervorteilen, die der Konzern in den Niederlanden erhalten hatte. Ohne vorgreifen zu wollen, habe man "genügend Bedenken", dass die Steuerrabatte in der EU illegale Staatsbeihilfen sein können, sodass eine intensive Prüfung eingeleitet wurde.

Die Niederlande genehmigten Ikea ein Schema, bei dem ein großer Teil der Gewinne mittels Lizenzzahlungen nach Luxemburg und Lichtenstein verschoben wurde – in vielen Fällen offenbar nahezu steuerfrei. Die Kommission prüft nun, ob die Höhe der Lizenzzahlungen innerhalb des Ikea-Konzerns korrekt war. "Wir werden nun Beweise sammeln und gehen offen an diese Prüfung heran", so Vestager. (András Szigetvari aus Kopenhagen, Reuters, 19.12.2017)