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Frauen – zwar im Job, aber top gestylt und mit pinkem Laptop. Weil so sind Frauen nun mal.

Foto: AP/Mark Lennihan, File

Vieles unter dem Punkt "Frauen" im türkis-blauen Regierungsprogramm Angeführte ist beunruhigend. Etwa das rhetorische Zusammenrücken der Themen sexuelle Gewalt und Migration, womit Gewalt an Frauen als "importiertes" Problem suggeriert wird. Oder die Betonung der Familie als einer Aufgabe von "Mann und Frau", womit die Öffnung der Ehe für alle völlig ignoriert wird. Bedrohlich klingt auch die ausdrückliche Sorge um Schwangere. Erinnern wir uns nur an das Wahlprogramm der FPÖ: Darin sorgten sich die Freiheitlichen wegen "zu hoher" Abtreibungsraten, an anderer Stelle wegen "zu niedriger" Geburtenraten. Und forderten deshalb die "Betreuung von geplanten Schwangerschaftsabbrüchen und Unterstützung von schwangeren Frauen in schwierigen Situationen".

Diese Forderung schlägt sich nun auch im Regierungsprogramm nieder: "Forcierung von Unterstützungsleistungen für Schwangere in Konflikt- oder Notsituationen durch Geld-, Sach und Beratungsleistungen", heißt es dort. Also für ungewollt Schwanger, um es klarer auszudrücken. Das erinnert an die Forderung Norbert Hofers, damals noch als Präsidentschaftskandidat, nach verpflichtender Beratung und Bedenkzeit für ungewollt Schwangere vor einem Abbruch. Es klingt danach, Frauen wie kleine Kinder behandeln zu wollen, denen man den rechten Weg weisen muss, weil sie nicht wissen, wie sie sich entscheiden sollen. Und wenn sie sich entschieden haben, sollen sie noch einmal darüber nachdenken müssen.

Der entscheidende Absatz drei

Nun kann man zum jetzigen Zeitpunkt noch einwenden: muss alles nicht sein. Vielleicht stecken gute Absichten hinter dem schmalen Programm für Frauen. Vielleicht ist tatsächlich "bessere Unterstützung für Schwangere" gemeint, wie es dasteht. Und nichts weiter.

Wäre da nicht dieser dritte Absatz, gleich zu Beginn des Abschnitts "Frauen". Zeilen, die viele LeserInnen wohl rat- bis hoffnungslos zurücklassen. "Die Besonderheit beider Geschlechter macht den Mehrwert für die Gesellschaft sichtbar. Die Verschiedenheit von Mann und Frau zu kennen und anzuerkennen ist ein Bestandteil menschlichen Lebens und damit unantastbar mit der Würde des Menschen verbunden."

"Verschiedenheit von Mann und Frau" als Menschenrecht

Diese Formulierung erinnert stark an die jahrelange Diffamierung jeglicher Sozial- und Geisteswissenschaften, die sich mit Geschlechterfragen beschäftigen, der Gender Studies. Subventionierte Gleichmacherei, polterte die FPÖ völlig uninformiert, aber umso wütender. Diskriminierung in der Arbeitswelt, das Wissen um die negativen Effekte von Geschlechterstereotypen für Frauen wie auch für Männer, Gewaltstudien, jegliche Erkenntnisse darüber, wie uns qua Geschlecht eine bestimmte Position in der Gesellschaft zugeteilt wird und wie sich das auf sämtliche Bereiche des Lebens auswirkt – für all das hatte die FPÖ stets nur Häme und "Schluss damit"-Rufe parat.

Auch die ÖVP hielt zu Fragen der Geschlechterforschung immer größtmögliche Distanz. Und jetzt wird uns die "Verschiedenheit von Mann und Frau" im Regierungsprogramm quasi als Menschenrecht verkauft.

Verschiedenheit der Menschen

Warum fällt es so schwer, von Verschiedenheit der Menschen zu sprechen? Warum wird derart hartnäckig darauf beharrt, dass diese Verschiedenheit entlang der Geschlechtergrenze verläuft? Einer Grenze, die noch immer unablässig Machtverhältnisse und Diskriminierung produziert? Wer der Behauptung "Männer sind so und Frauen so" nachhängt und die negativen Effekte dessen negiert, ist zu einer ernsthaften Frauen- und Geschlechterpolitik nicht fähig, die noch immer – das zeigte das Jahr 2017 wohl überdeutlich – so dringend nötig wäre. (Beate Hausbichler, 19.12.2017)